© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    03/02 11. Januar 2002

 
Auch Amis sind böse
von Alexander Barti

Es ist immer wieder bemerkenswert, wie „tolerant“ gewisse, sich selbst als liberal bezeichnende Kreise reagieren, sobald sie ihre Toleranz beweisen müssen. Jüngstes Beispiel ist die auffällige Werbekampagne amerikanischer Protestanten für ihre Glaubensschrift „Kraft zum Leben“. Der Golfprofi Berhard Langer wirbt ebenso für das Büchlein wie der Preußenprinz Philipp. Aber das ist nicht das Problem, wie auch die „platten Sprüche“ (Der Spiegel) offenbar nicht der Stein des Anstoßes sind. Man regt sich darüber auf, daß „christliche Fundamentalisten“ die Aktion unterstützen, namentlich die in Florida beheimatete Arthur-S.-DeMoss-Stiftung.

Fundamentalismus - das Wort hat in Zeiten des „Krieges gegen den Terror“ einen bedrohlichen Klang bekommen, denn wir haben gelernt, daß Fundamentalisten mörderische Barbaren sind, die man unbedingt vernichten muß.

Die „Barbarei“ der DeMoss-Stiftung besteht darin, daß sie ein harmloses Buch anpreist und die Propaganda gegen Abtreibung, Pornographie und Homosexualität unterstützt. Daß die säkularisierten Eliten des „zivilisierten Westens“ diese Kurskorrektur nicht wollen, mag man noch akzeptieren. Völlig unverständlich sind aber die Reaktionen der christlichen Amtsträger in Deutschland, die sich zu ähnlich klaren Aussagen gegen die verrottende Gesellschaft nicht durchringen können und ihre Kollegen aus Übersee beargwöhnen. Damit haben wir eine neue Lektion gelernt: Wenn es um Sittlichkeit geht, dürfen wir nicht mehr „alle Amerikaner“ sein. Schade.


 
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