© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    03/02 11. Januar 2002


Der bayerische Coup
von Jörg Fischer

Seit Monaten wurde immer wieder die K-Frage gestellt: Wer tritt bei der Bundestagswahl 2002 gegen Gerhard Schröder an. Nun scheint die Entscheidung gefallen zu sein: Letzten Dienstag kürte die CSU-Landesgruppe im Wildbad Kreuth Parteichef Edmund Stoiber zum Kanzlerkandidaten. „Ich werde dies alles mit Frau Merkel besprechen“, entgegnete der bayerische Ministerpräsident Stimmen, die darin einen „Machtkampf“ mit der CDU-Chefin sehen.

Es würde aber dem „Macherimage“ des Sechzigjährigen schaden, gäbe er nach der kommenden CDU-Klausurtagung von Magdeburg klein bei. Ob es allerdings reicht, Merkel mit dem Amt der Bundespräsidentin zu „trösten“, ist offen. Doch mit Stoiber hat die Union gute Aussichten, wenigstens stärkste Fraktion im Bundestag zu werden. Er kann bei den Themen Wirtschaft und innere Sicherheit immer auf das „Modell Bayern“ verweisen und so breite Wählerschichten ansprechen. Aber zur Kanzlermehrheit sind Partner nötig. Die Westerwelle-FDP ist für Ministersessel zu (fast) allem bereit. Wenn die Grünen jedoch wieder in den Bundestag kommen, braucht schwarz-gelb einen Partner gegen rot-rot-grün. Doch der Hamburger Joker Schill will bislang nur antreten, wenn Merkel kandidiert. Nachdem die FDP auf ihrem Dreikönigstreffen die Ampelkoalition definitiv ausgeschlossen hat und die PDS wegen „außenpolitischer Unzuverlässigkeit“ nicht zur „neuen Rolle Deutschlands in der Welt“ (Schröder) paßt, könnte ohne Schill die Große Koalition unter Kanzler Stoiber kommen.


 
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