© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    02/02 04. Januar 2002


Anstoß zur Diskussion
von Matthias Bäkermann

Als Abschluß seiner vielbesprochenen „Dokumentation“ über die Vertreibung („Die große Flucht“) hatte Guido Knopp vor Weihnachten eine hochkarätige Runde zur Diskussion geladen. Positiv war der Grundtenor, auf den sich die Anwesenden einigten, nämlich daß die Vertreibung als traumatisches Erlebnis von Millionen Deutschen jahrelang zu Unrecht als „revanchistisch“ und „aufrechnend“ verleumdet wurde. Selbst die grüne Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer mußte konstatieren, daß in der Vergangenheit „die Linken mit einer amüsierten Kaltherzigkeit“ das Schicksal der Ostdeutschen aufnahmen, um sofort zurückzurudern und mit bibbernder Stimme die Zukunft als „zu kostbar für Luftschlösser aus der Vergangenheit“ zu bezeichnen. Ebenso peinlich war der Auftritt Otto Schilys, der zwar die Erinnerung an das den Deutschen widerfahrene Unrecht wachhalten möchte, die Betroffenen aber zur „Zurückhaltung“ - sprich Passivität - ermahnte, „um den europäischen Einigungsprozeß nicht zu gefährden“.

Diesen sieht auch der tschechische Schriftsteller Pavel Kohout durch die Vertriebenenverbände gefährdet. „Wir Tschechen müssen unsere Geschichte alleine aufarbeiten, ohne Belehrungen der Sudetendeutschen.“ Anderenfalls könnten Wohlwollende in Tschechien wieder von einer „Aufarbeitung“ abrücken, drohte Kohout, also „wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß.“ Knopps Schlußakkord an die Adressen Schily und Kohout, „dem europäischen Haus keine Rumpelkammer nicht-aufgearbeiteter Geschichte“ zuzugestehen, zog wenigstens aus der Abschlußdiskussion seiner Serie das richtige Fazit.


 
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