© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    51/01 14. Dezember 2001

 
Leserbriefe

Zu: „Wenn die Toten schreien“ von Doris Neujahr und „Schule des Hasses“ , Interview mit Heinz Nawratil, JF 49/01

Ungarndeutsche vernachlässigt

Ich habe alles, was in der Ausgabe 49/01 über die Deutschenvertreibung steht, mit großer Aufmerksamkeit gelesen, aber in keinem dieser Beiträge auch nur ein einziges Wort über die Vertreibung der Ungarndeutschen gefunden. Auch Heinz Nawratil erwähnt sie in seinem „Schwarzbuch der Vertreibung“ nicht. Warum? Weil sie mit den Untaten der NS-Besatzungsherrschaft nicht zu erklären ist? Bekanntlich war Ungarn - wie Rumänien - Verbündeter Hitler-Deutschlands. Aus Rumänien wurden die Deutschen aber nicht vertrieben.

Franz Wesner, Dortmund

 

Grinsen des Piloten erkannt

Im Interview heißt es: „Die Russen haben auf alles geschossen...“. Nicht nur die Russen. Kurz vor Kriegsende überquerte ich als 14jähriger auf zwei verklammerten Holzbohlen den Main bei Würzburg. Ca. 60 Zentimeter querab peitschte eine MG-Garbe das Wasser. Erschrocken nach oben blickend, gewahrte ich eine „Lightning“ (doppelrumpfiger Jagdbomber). Das Flugzeug „stand“, wie es mir schien, schräg über mir, riesengroß, also in sehr geringer Höhe. Ich sah das Gesicht des Piloten; glaubte sein Grinsen zu erkennen. Noch heute bin ich überzeugt, daß mir damals mein blitzschnelles Abtauchen das Leben rettete.

Meine Frau und meine Schwiegermutter - kurz vorher dem Massaker von Würzburg entronnen - befanden sich mit Scharen von Überlebenden auf der Flucht ins Umland, als auch sie von Jagdbombern angegriffen wurden. Ein Sprung in den Straßengraben hat wohl auch ihr Leben gerettet.

Im übrigen ist es Zeit, auch der Kriegsverbrechen der Alliierten in einer Ausstellung zu gedenken.

Harry Winterholler, Würzburg

 

 

Zu: „Der Fuß in der Tür“ von Michael Wiesberg, JF 49/01

Ende der Verhandlungen

Während man uns anlügt und behauptet, in Afghanistan für unsere Freiheit zu kämpfen, erklärte Anthony Wedgewood von der britischen Labour Party gegenüber der Nachrichtenagentur EIR: „All diese Dinge haben mit Öl zu tun. Erst vor ein paar Jahren diskutierten die Taliban mit US-Vertretern in Texas über eine Ölpipeline.“ (Neue Solidarität 47/2001). Jetzt wird nicht mehr verhandelt, sondern gebombt.

Walter Koren, Glanz

 

 

Zu: „Baustelle des Lebens“ von Matthias Bäkermann, JF 49/01

Grundaussagen mißachtet

Bäkermann inkriminiert „sogenannte Bioethiker wie Peter Singer, ..., der sogar die Tötung und 'Nutzung' mißgebildeter Säuglinge befürwortet.“ Offenbar hat Bäkermann den australischen Philosophen gar nicht gelesen. In „Praktische Ethik“ und „Muß dieses Kind am Leben bleiben?“ wird das Problem schwerstgeschädigter Neugeborener behandelt (Anenzephalie, offener Rücken, Fehlen eines wesentlichen Teils des Verdauungstrakts), deren Leben kaum ein Arzt um jeden Preis zu erhalten sucht, wo passive Sterbehilfe gang und gäbe ist. Singer fordert ausdrücklich nicht, daß schwerstkranke Säuglinge getötet werden sollen.

Weiterhin meint er, daß Tiere ebensowenig getötet werden sollen wie diese bedauernswerten Geschöpfe. Er erörtert lediglich die Frage, ob die Eltern (nicht der Staat) in diesen Fällen über eine aktive Sterbehilfe entscheiden sollten. Und von einer „Nutzung“ der getöteten Säuglinge ist schon gar nichts bei Singer zu lesen.

Edgar Guhde, Düsseldorf

 

 

Zu: „Der Wunsch nach einem nationalen Diskurs“ von Wolfgang Saur, JF 49/01

Um die Sache der Völker

Die Druckfehler der multikulturalistischen Integrationsideologie werden vom Verfasser völlig einseitig dem „linken Universalismus“ zugeordnet. Im anschließenden Bericht über eine Tagung der „rechten“ Paneuropa-Union fehlt leider der Hinweis, daß deren Begründer Coudenhove-Kalergi bereits 1920 für Europa die Schaffung einer „eurasiatisch-negroiden Mischrasse“ forderte. Hierzu paßt dann die Kurzmitteilung, daß der Präsident des Verbandes der deutschen Industrie die schrankenlosen Einwanderungspläne von Rot/Grün wärmstens begrüßt. In den Köpfen des Berliner Kollegs, aber auch in der Redaktion der JUNGEN FREIHEIT sollte die Einsicht um sich greifen, daß die Kategorien „Rechts und „Links“ für den geforderten nationalen Diskurs völlig untauglich sind. Es geht einzig und allein um den Gegensatz zwischen den Interessen des globalisierenden Kapitals und denen der Sache des Volkes bzw. der Völker.

Rainer Bussenius, Berlin

 

 

Zu: „Reemtsma kämpft weiter“ von

Alexander Barti und zur Ankündigung „Falsch, aber keine Fälschung“, JF 49/01

Weiterhin wesentliche Fehler

In der neuen Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“, in der Jan Philipp Reemstma zwei Jahre nach dem Bankrott der ersten Schau seine Rehabilitierung anstrebt, heißt es, diese habe nach dem Urteil der Überprüfungskommission keine Fälschungen und Manipulationen enthalten.

Dazu hat der polnische Historiker Dr. Musial in der FAZ vom 1. Dezember nachgewiesen, daß „sechs von acht Kommisssionsmitgliedern bei der alten Ausstellung nicht nur emotional, sondern auch organisatorisch involviert“ waren. In der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 8/01 hat er auf 20 Seiten die wesentlichen Fehler aufgelistet. Darunter sind frei erfundene Bildlegenden und „abweichende Legenden“ von 43 der nur zum Teil überprüften Fotos, die der Kommisssionsbericht dokumentiert.

Noch gravierender sind die differierenden Texte. So behauptete Heer, daß die 8. Kompanie I.R. 727 am 30. Oktober 1941 nach den Ermittlungen der Zentralen Stelle Ludwigsburg in Nieswicz 4.500 Juden ermordet hätte. In den Ermittlungsakten steht jedoch, daß diese Massenerschießungen von litauischen Hilfswilligen unter Leitung von Polizeiangehörigen durchgeführt wurden. Ebenfalls im krassen Widerspruch zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen stehen die von Heer zitierten Auszüge aus dem angeblichen Tagebuch des Gefreiten Heidenreich, der beschreibt, wie seine Kompanie an zwei Tagen 2.000 jüdische Männer, Frauen und Kinder ermordet hätte. Falsch, aber keine Fälschung?

Meinrad Freiherr von Ow, München

 

Befehle Stalins einbeziehen

Der skandalöse Titel „Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges“ ist geblieben. „Die Wehrmacht“, das ist die Gesamtheit der Soldaten, die bereit waren, ihr Leben für Deutschland einzusetzen, auch wenn sie, was den wenigsten bewußt war, im Auftrag einer verbrecherischen Ideologie kämpften.

Wenn eine Ausstellung dieser Art Sinn haben und der Gerechtigkeit dienen soll, darf sie nicht einseitig gegen die eigene frühere Generation gerichtet sein. Sie muß alle Verbrechen umfassen und in die Sammlung von Dokumenten auch solche wie den Aufruf Ilja Ehrenburgs und den Fackelmänner-Befehl Stalins einbeziehen.

Dr. Gustav Krüger, Herrenberg

 

 

Zu: „Raus aus der Zelle - rein in die Zelle“ von Beatrix Madl , JF 49/01

Wahre Stadtplage

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes über den Serientäter Mehmet ist weltfremd. In München gibt es mehrere ausländische Jugendbanden, eine wahre Stadtplage.

Die Rückführung von Mehmet, der sich durch die häufige Erwähnung in den Medien zum Idol dieser Gangs gemausert hat, gibt den Aktivitäten dieser Junior-gangster neuen Auftrieb. Hilflose Eltern, überforderte Jugendbehörden, milde Gerichtsurteile und eine Polizei, der vom Gesetz her die Hände gebunden sind, haben in den Großstädten einen rechtsfreien Raum entstehen lassen, eine Brutstädtte für Kriminalität. Mehmet wird nach seiner Rückkehr dieser Versuchung nicht widerstehen können. Herr Schill wird nicht nur in Hamburg gebraucht.

Herbert Mahlmeister, München

 

Nur eine Frage der Zeit

Die Richter des Verwaltungsgerichtshofes München sind der Meinung, bei „Mehmet“ könne „nicht ... davon ausgegangen werden, daß er sein früheres Verhalten nach Rückkehr in das Bundesgebiet fortsetzen werde“. Schließlich habe der 17-jährige seit seiner Abschiebung in die Türkei keine Straftat mehr begangen.

Meiner Meinung nach sollte man das allerdings keineswegs einem Gesinnnungswandel „Mehmets“ zuschreiben, als vielmehr dem Umgang der Behörden und Beamten mit gewalttätigen Straftätern in der Türkei nach dem Motto: „Peitsche ohne Zuckerbrot“. In Zeiten, in denen in den amerikanischen Medien öffentlich über das Foltern Gefangener zwecks Erpressung eines Geständnisses diskutiert wird, ein scheinbar probates Mittel. Aber daß nach Angaben eines psychiatrischen Gutachters die Aggressivität „Mehmets“ nicht merklich gesunken ist, scheint einer Rückkehr nach Deutschland wohl nicht im Wege zu stehen. Bei der laschen bundesdeutschen Rechtsprechung wird es daher wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis Muhlis A. die Vorliebe für seine Spezialität wiederentdeckt: das Einschlagen und Brechen von Nasenbeinen.

Michael Borgelt, Osnabrück

 

 

Zu: „Das Zeugnis bis zum Tod gehört dem Christentum“, Interview mit Bischof Kurt Krenn, JF 49/01

Ungehorsam ist gerchtfertigt

Der Bischof Krenn wirft dem Erzbischof Lefebvre „Ungehorsam“ vor. Dazu wäre anzumerken, daß die Bischofsweihen in Econe 1988 in einer Notstandssituation der katholischen Kirche gespendet wurden. Leider werden die Sakramente heute nicht mehr in der Form gespendet, die einen eindeutig katholischen Geist atmen. Von einer rechtgläubigen Belehrung im Beichtstuhl ganz zu schweigen. Die Priesterausbildung gleicht inzwischen derjenigen von Sozialarbeitern und nicht von Priestern, die das Erlösungsopfer Christi auf dem Altar darbringen. Diese skizzierten Notstände rechtfertigen den „Ungehorsam“ von Monsignore Lefebvre, der übrigens keine neue Hierarchie begründete, was Bischof Krenn wissen dürfte. Schon Thomas von Aquin schrieb: „Wo der Glaube bedroht wird, müssen die Würdenträger von ihren Untergebenen angeklagt werden.“ So stellte schon der heilige Paulus den heiligen Petrus zur Rede (Galater 2,11). Es wäre gut, wenn ein konservativer Bischof, wie Dr. Krenn, diese heutigen Zustände in der katholischen Kirche berücksichtigen würde, bevor er das Wort „Ungehorsam“ in den Mund nimmt.

Hermann Kerkenbusch, Oberhausen

 

Zu: „Rot-Grün am Ende“ von Paul Rosen, JF 47/01

Breite Übereinstimmung

Der Vorwurf an Ex-Pazifisten in SPD und bei den Grünen, diese hätten ihre früher geheiligten Grundsätze verraten, ist verharmlosend und ungerecht zugleich.

Verharmlosend, weil die seinerzeitige Pazifismus-Diskussion sich um die moralische Berechtigung von Verteidigungskriegen drehte. Jetzt geht es aber um Angriffskriege.

Ungerecht, weil auch die Noch-nie-Pazifisten ihre Zielsetzung diametral geändert haben: Früher plädierten sie für Nato-Nachrüstung, um das militärische Gleichgewicht zwischen Ost und West zu erhalten und so einen Krieg zu verhindern. Jetzt plädieren sie für mehr Rüstung, um ein noch größeres Ungleichgewicht zwischen „westlicher Wertegemeinschaft“ und „Schurkenstaaten“ zu schaffen und so Kriege zu ermöglichen.

Von CSU bis zur Mehrheit der Grünen herrscht heute Übereinstimmung: Krieg ist nur noch bedingt das, was durch Politik verhindert werden soll. Krieg ist jetzt und künftig die Fortsetzung der Globalisierungspolitik mit anderen Mitteln.

Dr. Jürgen Schleip, Birkenfeld

 

 

Zu: „Schily droht Stoiber“ und „Heiße Eisen werden abgekühlt“ von Paul Rosen, JF 49/01

Worten müssen Taten folgen

Stoiber spielt also mit dem Feuer, wenn er sich gegen weitere „Zuwanderung“ sperrt. Und er stellt sich gegen die deutsche Wirtschaft. Wenn Schily so massiv droht, könnten die Deutschen ja eigentlich ganz beruhigt sein. Sie scheinen trotz allem immer noch ein Faktor zu sein, der unseren Machthabern zu schaffen macht. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen könnten sich die Deutschen als reale Demokraten erweisen, siehe Hamburg. Jedoch: Wann hat Stoiber seinen schönen Worten entsprechende Taten folgen lassen?

Gunther Albers, Hamburg

 

 

Zu: „Streiche nie die Flagge!“ von Wolfgang Müller, JF 48/01

Widerspruch zu Erfahrungen

Zur „Admiral Graf Spee“ und dem Grafen Spee ist zu sagen, daß, ein aussichtsloses Gefecht nicht anzunehmen, in dem man entweder, wenn man es denn kann, Reißaus nimmt oder gar nicht erst antritt, eine vernünftige Sache ist. Aber wenn ein stärkerer Gegner antritt, den Kampf zu verweigern - das ist etwas anderes. Zum einen weiß kein Einheitsführer, wie sich ein Kampf auch gegen einen stärkeren Gegner entwickeln kann. Man denke nur an die schnelle Versenkung der „Hood“. Zum anderen wollte Graf Spee erreichen, daß seine kleinen Kreuzer noch die Möglichkeit hätten, zu entkommen. Wie man weiß, waren die Chancen dafür nicht so schlecht. Aber nach dem Ende eines verlorenen Gefechts (oder auch einer Schlacht) daraus die Lehre zu ziehen, man hätte sie gar nicht annehmen sollen, widerspricht allen militärischen Wirklichkeiten und Erfahrungen, zu Wasser und auch zu Lande. Da hilft auch Clausewitz nicht weiter.

Volkhard Thom, Hamburg

 

 

In keiner Marine akzeptiert

Marinetradition des Abendlandes ist immer noch die Tradition der Royal Navy als der viele Jahrhunderte führenden Marine. Es gibt schlicht keine Marine, in der das Streichen der Flagge akzeptiert wurde. Das hat nichts mit Deutschland, dem Kaiser oder den Nazis zu tun.

Klaus Gröbig, Berlin

 

 

Zu: „Sondergenehmigung für Ritualmord“ von Volker Kempf, JF 47/01

Bei zwingender Erfordernis

Der Verfasser meint, mit einer Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz hätte die Diskussion über das betäubungslose Schlachten warmblütiger Tiere (Schächten) ein Ende. Das ist nicht sicher. Nach dem Tierschutzgesetz ist das Schächten ausnahmsweise erlaubt, wenn die Religion diese Schlachtungsart „zwingend vorschreibt.“.

Karl-Heinz Schüler, Baden-Baden

 

 

Zu „Aufstand der Festplatten“ von Lennart Lopin, JF 45/01

Totale Weltdiktatur

Die von Lennart Lopin gegebene Analyse über Künstliche Intelligenz ist meines Erachtens falsch.

Die wissenschaftsphantastische Sichtweise, immer bessere Programme würden den lästigen Menschen letztlich abschaffen und die Macht ergreifen, ist aufgrund gewisser Eigenschaften logisch-intelligenter Systeme nicht möglich. Möglich und real sind „dumme“, aber wirkungsvolle Systeme, mit denen Menschen andere Menschen überwachen, unterdrücken und beeinflussen. Diese heißen teilweise „intelligent“ (im Sinne von „intelligentes Telefon“, „intelligenter Türöffner“) sind es aber nicht.

Die Künstliche Intelligenz (KI) ist die einzige der gegenwärtigen Hochtechnik-Disziplinen, die eines Systems der Werte, der Moral und der Ethik als wichtiger Kernkomponente bedarf, um überhaupt zu funktionieren. Das versteht man, wenn man wirklich versucht, KI zu implementieren, d.h. man sollte sie weder mißachten, noch Angst vor ihr verbreiten. Der KI-Begriff muß allerdings erst mal sauber definiert werden, von Wissenschaftsphantastik und Begriffsmißbrauch befreit. Er wurde seit Beginn der KI-Forschung (ca. 1956) immer wieder vernebelt.

Die profitorientierte, also dollargeile „neue Wissenschaftsethik“, mit der besonders Teile der USA-Wissenschaft, ohne nach den Konsequenzen zu fragen, ein Monster nach dem anderen aus der Büchse der Pandora lassen (Gentechnik, Klonen von Menschen, Nanotechnik, biologische, chemische, Weltraum- und Kernwaffen, künstliche Viren), macht die menschliche Gesellschaft künftig so verletzbar, daß als Existenzform zwangsweise eine totale Weltdiktatur der Gedankenüberwachung jedes einzelnen Menschen folgen müßte. Anders könnte man künftig nicht mehr verhindern, daß etwa eine junge, moderne Frau mit einer nichtentdeckbaren Handtaschen-Antimaterie-Bombe nach New York flöge und dieses gründlich wegbliese.

Klaus Däßler, München


 
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