© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/01 07. Dezember 2001


CDU-PARTEITAG
Halb werden sie gestoßen, halb sinken sie hin
Dieter Stein

Die CDU hat auf ihrem Parteitag in Dresden Geschlossenheit demonstriert. Angela Merkel erhielt 6 Minuten und 28 Sekunden Beifall, bei Edmund Stoiber wurde es trotz dezenter Eingriffe der Tagungsleitung über eine Minute mehr. Nun gut. Was aber bleibt? Und wie geht es weiter?

Die Bundesregierung habe mit einer verfehlten Wirtschafts- und Steuerpolitik die hohe Arbeitslosigkeit verschuldet, sagte der bayerische Ministerpräsident. „Sozial ist, was Arbeit schafft, nicht, was Arbeit verhindert.“ Statt die Arbeitsmarktprobleme zu lösen, rufe die Schröder-Regierung nach mehr Zuwanderung. Die Integrationsfähigkeit sei schon jetzt vielerorts überschritten. Richtig. Die überwältigende Mehrheit der Deutschen will nach Stoibers Worten kein Mehr an Zuwanderung. „CDU und CSU sind die einzigen, die diesen Mehrheitswillen der Bevölkerung vertreten“, betonte Stoiber.

Das ist eine interessante Feststellung. Es ist bedenkenswert, ob es wirklich so ist, daß CDU und CSU den Mehrheitswillen in der Frage der Zuwanderung vertreten und ob sie die einzigen sind... Wenn man den saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller und die Altvorderen Rita Süßmuth und Heiner Geißler hört, dann ist mindestens die Partei alles andere als entschlossen in dieser Frage. Noch dieses Jahr muß sich Jörg Schönbohm (CDU), Innenminister des Landes Brandenburg und eigentlich als Konservativer bekannt, festlegen, ob er dem Einwanderungskonzept der Bundesregierung im Bundesrat zustimmt. Geht er in die Knie, kippt eine mögliche Ablehnungsfront. Sagt er Nein, riskiert er die Große Koalition in Potsdam.

„Öffentlichkeit und Medien“ setzen die CDU unter enormen Druck, sich ununterbrochen zu „modernisieren“. Will heißen: Sich bedingungslos dem politischen Mainstream, der links dominiert ist, zu unterwerfen. Diese Medien vertreten jedoch alles andere als die „überwältigende Mehrheit der Deutschen“, sondern meist die Interessenten von Shareholder-Value-Mediengroßkonzernen und einer abgehobenen politischen Kaste, deren Angehörige zurückgezogen in den auf subtile Weise „national befreiten Zonen“ der Villenviertel und Nobelvororte residieren, wo sie weder vom deutschen noch vom multikulturellen Pöbel behelligt werden.

Wenn die Union im Herbst 2002 Schröder aus dem Amt jagen will, dann muß sie sich auf die Interessen der Wähler besinnen. Und die wollen, daß dem ununterbrochenen Zustrom von überwiegend nichtqualifizierten und schwer integrierbaren Ausländern ein Riegel vorgeschoben wird.

Beim derzeitigen disparaten Zustand der Union, die in alle politischen Richtungen ausfranst und kaum noch Konturen aufweist, ist es zu bezweifeln, daß eine solche nötige „Fundamentalopposition“ (Peter Müller) durchgezogen wird. Halb werden sie gestoßen werden, halb werden sie hinsinken, wie ich den Laden so kenne. Und Edmund Stoiber wird als verlorener weißer Ritter im Getümmel stehen, die Schlacht aber nicht mehr wenden können.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen