© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    49/01 30. November 2001

 
Zeitschriftenkritik: Islam im Brennpunkt
Annäherung und Versöhnung
Werner Olles

Mit Islam im Brennpunkt stellt sich eine neue, im handlichen DIN-A5-Format erscheinende Zeitschrift vor, die in unregelmäßigen Abständen auf Berichte und Artikel in den Medien eingehen will, auf die ihr „eine Antwort aus islamischer Sicht notwendig erscheint“, wie Hadayatullah Hübsch als Redakteur in seinem kurzen Editorial schreibt. Als Herausgeberin fungiert die islamische Reformgemeinde „Ahmadiyya Muslim Jamaat“, in deren Verlag „Der Islam“ neben zahlreichen Büchern und Broschüren außerdem noch zwei weitere Zeitschriften - Nuur für Frauen und Weißes Minarett - erscheinen.

Nun ist Religion, und hier gerade der Islam, derzeit gewiß überall ein heißes Thema. Aber die geistige Auseinandersetzung mit dem Islam als monotheistische Weltreligion wäre angesichts von ca. 3,5 Millionen Muslimen, die inzwischen in Deutschland leben, lange vor den schrecklichen Ereignissen in New York und Washington am 11. September aktuell, sinnvoll und dringend notwendig gewesen. Leider hat die scharfe Antithetik von Glaube und Vernunft, die in den säkularisierten westlichen Gesellschaften vorherrschend ist, dies bislang auch bei uns wirksam verhindert. Und was hierzulande noch an traurigen Resten eines ehemals blühenden und prachtvollen Christentums übriggeblieben ist, hat Rüdiger Safranski jüngst vollkommen zu Recht als „kaltes Projekt der Zivilreligion“ bezeichnet. Und er fügte hinzu, im übrigen sei es „Unsinn“ zu behaupten, die jüngsten Terroranschläge hätten nichts mit Religion zu tun. Im gleichen Sinne äußerte sich auch der Reform-Muslim Bassam Tibi während einer Podiumsdiskussion anläßlich der Frankfurter Römerberggespräche. Doch in Deutschland haben sich gerade einmal sechshundert Studenten für Islamwissenschaft und Orientalistik als Hauptfach entschieden.

Was Islam im Brennpunkt versucht, ist hingegen eine Annäherung des säkularen Vernunftglaubens an den religiösen Anspruch des Islam. Ohne die bei uns so sehr gefürchteten apokalyptischen, extremistischen, fundamentalistischen oder integristischen Aspekte, die den Islamismus prägen, soll der aufgeklärte, ungläubige oder im besten Falle agnostische Westler mit einem Islam Bekanntschaft machen, dessen Transzendenzerfahrung und religiöse Tiefendimension ihm unaufdringlich und ohne Zwang den Weg hin zur Barmherzigkeit Gottes weist. In einer Gesellschaft, die jede religiöse Erfahrung gerne an ihren Rand verdrängt und die ihre Ohnmacht in religiösen Fragen tagtäglich unter Beweis stellt, stellt dies gewiß ein hohes Ziel dar.

Die Themen, die in der ersten Ausgabe der Zeitschrift erörtert und kommentiert werden, reichen dann auch vom „Bilderverbot im Islam“ über „Satire und Gotteslästerung“ und „Die Scheidung seitens der Frau im Islam“ bis zum „Gebetsruf vom Minarett und Glockengeläut“. Es werden also teils grundsätzliche, teils aber auch ganz pragmatische Fragen angesprochen und in einer für jedermann leicht verständlichen Weise beantwortet. Daß man dabei - vor allem als gläubiger Christ - nicht mit allem übereinstimmen kann, versteht sich ganz von selbst, tut der Sache jedoch keinen Abbruch.

Anschrift: Ahmadiyya Muslim Jamaat. Babenhäuser Landstr. 25, 60599 Frankfurt am Main.


 
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