© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/01 23. November 2001

 
Leserbriefe

Zu: „Verbrechen verharmlost“, JF 47/01

Ostalgische Gefühle gefördert

Wenn Herr Röhl andeutet, daß die Aufarbeitung der Verbrechen des DDR-Regimes mehr und mehr verharmlost wurde, ist dem unbedingt zuzustimmen. Daran ist der MDR, der sich stolz als meistgesehenes Drittes Fernsehprogramm präsentiert, allerdings nicht unbeteiligt, indem er alte DDR-Sendungen in neuer Verpackung fröhliche Urstände feiern ließ und so die ostalgische Befindlichkeit mitgeschürt hat. Daran dürfte Herr Röhl als Fernsehdirektor ein gehöriges Maß Anteil gehabt haben. Es hat ja fast nur noch der „Schwarze Kanal“ in der „bewährten“ Moderation des Genossen von Schnitzler im MDR gefehlt. Aber wie war das doch mit dem Saulus und dem Paulus? 

Jürgen Gruhle, Nauendorf

 

 

Zu: „Schröders Eitelkeit“ von Jörg Fischer, JF 46/01

Historische Parallelen

Bedauerlich ist der Mangel an geschichtsbezogener Bewertung des Krieges gegen Afghanistan, daneben verblassen eigentlich die Augenblicks-Eindrücke und Empörungen. Das vergangene Jahrhundert ist das der Brutalisierung der Kriege und der Mangel an Friedensbereitschaft und „Friedenstalent“. Der ehemalige Präsident Hoover sagte zu Beginn des Jahrhunderts, Amerika habe das Talent, Kriege zu führen, aber nicht Frieden zu schließen.

Ende des 18. Jahrhundert setzte (mit Einschränkungen) ein Zeitalter der Humanisierung der Kriege ein, das aber 1914/18 mit der Hungerblockade der Briten gegen Mütter und Kinder endete, die noch ein Jahr nach dem fürchterlichen Versailler Vertrag durchgeführt wurde. 1942 kamen die systematischen Flächenbombardierungen über Deutschland, von Churchill im Unterhaus im Frühjahr verkündet und gegenüber der Bevölkerung verheimlicht. Die weitere Brutalisierung geschah mit den Atombombenabwürfen in Japan, dann in Vietnam die Entlaubung der Wälder, die Verkrüppelungen neu geborener Kinder durch Genschäden, die durch die versprühten Gifte der US-Luftflotte verursacht wurden. Die geübte Luftkriegsführung mit Langstreckenbombern, von Völkerrechtlern und Historikern als Kriegsverbrechen bezeichnet, wurde auch im Irak, in Serbien angewandt und jetzt in Afghanistan.

Wilhelm Lehbrink, Vogt

 

Paradoxes Verhalten

Nun ist es endlich soweit: deutsche Soldaten sollen zum Einsatz ins Feld geschickt werden, ausgerechnet von denen, die bisher „Soldaten sind Mörder!“ geschrien haben, oder mindestens gegen solche Rufe nichts hatten. Wird nun die oben genannte Parole gestrichen oder nur für spätere passende Ereignisse eingemottet?

Günther Kraft, Berlin

 

 

Zu: „Früchte des Zorns“ von Michael Wiesberg, JF 46/01

Auftrieb für Rußland

Amerika und die UNO haben sich mit ihrer gewalttätigen Militärmaschinerie selbst besiegt. Die Taliban ließen sich nicht pulverisieren.

Nun herrscht - gegen Amerikas Willen - die Nordallianz in Kabul. Der politische und militärische Einfluß Rußlands wird mächtig sein. Putin erweist sich als der bessere Schachspieler auf dem internationalen Parkett der Weltmächte. Ohne und gegen Rußland wird es keine Pipeline durch Afghanistan geben.

Konrad Pfaffenritter, Schwabach

 

Wer betreibt hier Terror?

Die Kriegspropaganda der Medien will uns weismachen, der Krieg in Afghanistan sei ein „Kampf gegen den Terror“. Unter den amerikanischen und britischen Bomben hat hauptsächlich wieder die Zivilbevölkerung zu leiden. Wer also betreibt hier Terror?

Osama bin Laden ist nicht Angreifer sondern Verteidiger, denn sein Land wird von amerikanischen Truppen besetzt. Seit Ende des Ersten Weltkrieges werden die Bodenschätze der arabischen Halbinsel von den damaligen Siegermächten mit Hilfe von undemokratischen Marionetten-Regimen ausgebeutet. Die USA haben auch zahlreiche andere Länder besetzt, dort kollaborierende Marionetten installiert und behindern so das Selbstbestimmungsrecht dieser Völker.

Ist bin Laden etwa nicht im Recht, wenn er hiergegen mit den einzigen, ihm zur Verfügung stehenden Mitteln kämpft?

Solange die imperialistische und verbrecherische Politik der USA fortgesetzt wird, wird auch der Kampf gegen sie weitergehen. Allein eine auf gerechten Ausgleich und das Selbstbestimmungsrecht der derzeit noch besetzten Länder achtende Politik könnte dies verhindern.

Friedrich Schu, St. Wendel

 

 

Zu: „Warum die PDS Schill fürchtet“ von Dieter Stein, JF 45/01

Stärkere Differenzierung nötig

Wenn Dieter Stein im Artikel schreibt, Schill habe die allergrößten Chancen, tief in das Lager der PDS einzubrechen, weil seine Partei als neue Formation angesehen werde, die mit der leidigen Ost-West-Befindlichkeit nichts zu tun habe, mag dies stimmen und wäre zu begrüßen. Doch dann holt er zum Tiefschlag gegen die offensichtlich ungeliebte DVU aus, die er als obskure und offensichtlich unseriöse Partei bezeichnet Ob diese Selbstzerfleischung im rechten Lager der deutschen Sache besonders förderlich ist, darf wohl bezweifelt werden.

Im übrigen muß man sich bei aller Symphatie für einige Forderungen von Schill im Bereich der inneren Sicherheit schon einmal fragen, ob die Schill-Partei überhaupt als „rechts“ oder gar national im traditionellen Sinne zu bezeichnen ist. Positionen zu Fragen der Europapolitik und zur Außenpolitik vermisse ich bei Schill bislang. Allerdings habe ich gehört, daß er mit dem US-Angriff auf Afghanistan einverstanden sein soll. Nach eigenem Bekunden ist Schill zudem glühendes Mitglied der deutsch-israelischen Gesellschaft und hat keine Einwände gegen die brutale Besatzungspolitik Israels in Palästina. Schill bejaht Deutschland als „Einwanderungsland“ und plädiert für eine „multikulturelle Gesellschaft“. Keine Partei grenzt sich im übrigen derart hysterisch gegen „rechts“ ab wie Schill.

Aufhorchen läßt auch die Tatsache, daß ausgerechnet die auf US- und Israelkurs getrimmte Springer-Presse zu den größten Förderern von Schill gehört. Offensichtlich glaubt man in interessierten Kreisen, das Rechtspotential in Deutschland auf diese Weise wieder der CDU via Koalitionspartner zuführen zu können.

Karsten Kriwat, Cremlingen

 

 

Zu: „Wir wollen im Westen leben“ ; Interview mit Hasan Özdogan, JF 46/01

Toleranz nur beidseitig möglich

Dieses Interview ist nur bedrucktes Papier, da die grundsätzliche Frage nicht gestellt wurde - nämlich, warum die Frage der Toleranz, des Zusammenlebens und der lukrativen Zuwanderung nur für Deutschland (und Europa) gestellt wird und nicht für die islamischen Länder, die doch auch Millionen von „Flüchtlingen“ aufnehmen und unterhalten können, wie z.B. Saudi-Arabien, Iran, Afghanistan und letzten Endes auch die Türkei (Kurdistan). Toleranz kann nur beidseitig sein; alles andere ist verschleierte Kapitulation und humanidiotisches Geschwätz.

Was den Muslimen in Saudi-Arabien, Iran und Afghanistan zusteht, müssen die Christen bzw. Juden und andere Religionen auch erreichen.

Dr. Antonin Kucera, Taunusstein

Beschwichtigung des Bürgers

Bei Özdogan wie auch bei unseren Politikern geht es um Beschwichtigung des Bürgers, wenn es um die Verwurzelung des Islam geht. Özdogans Solidarität mit den „Islam-Brüdern“ in Jugoslawien steht schon im krassen Gegensatz zu unserer „Nichtsolidarität“ zu den 200 Millionen meist von Muslimen verfolgten Christen in der Welt. Und die Tatsache, daß sich Muslime im Westen auf Kosten des Verlustes der Heimat der Christen ausbreiten wird gründlich verschwiegen.

Franz Harder, Leopoldshöhe

 

 

Zum Thema Enteignungen allgemein

Genüßlich stillgehalten

Herzlichen Dank für die Zusendung Ihrer Zeitung. Leider habe ich alle Hoffnung verloren, unseren Besitz Wiesenburg zurückzubekommen. Mit deutscher Gründlichkeit hat man alles verkauft und solche Fakten geschaffen, daß wohl nur noch die Rechtsanwälte etwas verdienen werden.

Eine Tatsache, die in dieser bedauerlichen Situation nie richtig hervorgehoben wurde, ist folgende: Wenn ein Verbrechen begangen wird, und Hehlerei und Rechtsbeugung sind doch immer noch Verbrechen, dann ist doch Mitwisserschaft auch strafbar. Alle Parteien, besonders die Roten, haben doch genüßlich stillgehalten. Sonst wird doch vehement alles hochgewirbelt, wie man jetzt wahrscheinlich die Kohl-Affäre mit Schäuble wieder im TV aufwärmt und bis zu den Wahlen wiederkäuen wird.

Rigo von Plauen, Eckernförde

 

 

Zu: „Eine handfeste Lüge“; Interview mit Prof. Dr. Theodor Schweisfurth, JF 45/01

Winkeladvokatentum

Die letzte DDR-Regierung unter Lothar de Maizière versuchte 1990 erfolgreich, mit Hilfe der Beitrittsverweigerung als politisch hochwirksamen Instrument 1990 die Revision der Eigentumsverhältnisse zu verhindern. In einem Interview in der Welt vom 29. Juli 1990 verteidigte sich de Maizière wegen seines Taktierens in der Beitrittsfrage sinngemäß mit der Aussage, daß der Beitritt der DDR zur BRD erst dann erfolgen werde, wenn sichergestellt sei, daß die Enteignungen unumstößliche Geltung behalten und diese auch vor dem Bundesverfassungsgericht „wetterfest“ abgesichert sei.

Daß dies inzwischen mit allen Mitteln juristischer Rabulistik erfolgt ist, zeigt das geltende Recht, entspricht aber den Gepflogenheiten des Winkeladvokatentums mehr als der juristischen Praxis eines Rechtsstaats. Diesen Umgang mit dem Recht darf man als Bankrotterklärung rechtsstaatlichen Handelns verstehen. Sie ist ein untrügliches Anzeichen für das augenscheinliche Auseinanderdriften von Anspruch und Realität in unserem Staat.

Prof. Schweisfurth scheint den oben geschilderten Sachverhalt nicht zu kennen. Er urteilt einseitig, wenn er der CDU/FDP die Glaubwürdigkeit als Rechtsstaatspartei abspricht. Gerade in der Frage der Enteignungen haben SPD/Grüne aktiv unterstützend hinter de Maizière gestanden. In der Folge haben sie alle gegen das Grundgesetz der BRD und das Völkerrecht verstoßen, die schwerwiegendsten politischen Entscheidungen gegen das Interesse, das Wohl und den Willen des Deutschen Volkes mitgetragen und den entsprechenden Verträgen zur Zweidrittelmehrheit verholfen.

Hannelore Doffing, Mönchengladbach

 

Zu: „Frische Brise für Bürgerliche“ von Frank Schilling und Peter Freitag, JF 45/01

Gleiche Maßstäbe anlegen

Katrin Freund wettert nun schon wieder gegen eine rechtsextreme Unterwanderungsgefahr ihrer Partei. Wer sich die Sprüche auf Schill-Veranstaltungen anhört, muß in der Tat übelst dümmliche Tendenzen bestätigen. Die Schill-Partei täte also gut daran, sich zunächst einmal selbst mit dem Thema Rechtsextremismus auseinanderzusetzen.

So wird prekärerweise Innensenator Schill nun damit befaßt sein, in den Verfassungsschutzberichten seiner eigenen Innenbehörde feststellen zu müssen, daß z.B. bei den Republikanern niemals derartige Dinge vorkommen, wie in seiner eigenen Partei. Die eigentlich zwingend logische Folgerung hieraus müßte sein: Entweder unverzüglich die Beobachtung der Hamburger Republikaner einzustellen oder die Beobachtung seiner eigenen Partei anzuweisen. Irgendwie witzig - wenn das Ganze nicht so traurig wäre . Hoffen wir also auf die richterliche Unbefangenheit des Herrn Schill - hoffentlich nicht vergebens.

Thomas Nissen, Hamburg

 

 

Zu: „Vollkommen zugewachsen“ von Andreas Wild, JF 45/01

Betonung der Manneswürde

Der Bart galt bis zum 19. Jahrhundert als die Zierde eines Mannes und wurde unter dieser Bezeichnung in Kreuzworträtseln abgefragt. Er wurde sorgfältig gepflegt und mit der Bartbinde über Nacht getrimmt. Auf die Idee, das Gesicht hinter einem Bart zu verstecken, kam gewiß kein Mensch, im Gegenteil, man betonte damit die Würde seiner Persönlichkeit. Als im Ersten Weltkrieg die Gasmasken notwendig wurden, mußte der Bart rasiert werden, damit die Maske dicht schließt. Seit dieser Zeit laufen die Männer - wie die Frauen - ohne Bart, unterstützen damit indirekt die Emanzipation der Frau und ihre eigene Schlappheit.

Hans Heine, Neuenkirchen

 

 

Zu: „Was ist Dekadenz?“ von Karlheinz Weißmann, JF 45/01

Das Ende der Ehrfurcht

Bei der Lektüre des Weißmann-Artikels über Dekadenz und Sittenverfall der Spaßgesellschafts-Ära, der deshalb so verstört, weil er mutig ausspricht, was mancher aus Furcht vor der bitteren Wahrheit und vor einer düsteren Zukunft gern verdrängt, verfiel ich als Altphilologe gleich auf das erste Buch von Ciceros Schrift „Über den Staat“. Dort benutzt und übersetzt er eine Passage aus Platons „Politeia“ (VIII, 14f.), die eine endzeitliche, degenerierte Gesellschaft beschreibt, deren innere Ordnung sich aufgrund zu großer Freiheitlichkeit in Anarchie und Beliebigkeit auflöst. Da heißt es in freier Übersetzung:

„Wenn die unersättliche Kehle des Volkes ausgetrocknet ist vor Durst nach Freiheit und es allzu reine Freiheit dürstend geschlürft hat, dann verfolgt es die führenden Männer, wenn sie nicht sehr milde und nachgiebig sind und ihm reichlich Freiheit einräumen, heißt sie Tyrannen. Notwendig ist in einem Gemeinwesen solcher Art alles voller Freiheit derart, daß auch jedes Privathaus von Herrschaft ist, daß jegliche Ehrfurcht verschwunden ist, daß schließlich der Vater den Sohn fürchtet, der Sohn den Vater nicht mehr ansieht, daß kein Unterschied besteht, ob einer Bürger oder Fremder ist, daß die Schüler die Lehrer verachten, der Lehrer die Schüler fürchtet und ihnen schmeichelt, um ihnen nicht verhaßt oder lästig zu sein ...“

Das ganze Elend unserer verkommenen Zeit steckt in diesen wenigen Zeilen, von Platon um 4oo v. Chr. verfaßt, von Cicero etwa 50 v. Chr. augegriffen und auch im Jahre 2001 noch voller Wahrheit und Erkenntnis.

Philipp Fondermann, Freiburg/Brsg.

 

 

Zu: „Der Kern des Eigenen“ von Günter Zehm, JF 44/01

Gebliebene Verwandtschaft

Ich widerspreche der Beurteilung von Prof. Zehm, daß Spenglers Propheterie, Rußland als den Kulturkreis, der am kräftigsten aufblühen werde, anzusehen, aus heutiger Sicht tragikomisch wirke.

Daß Rußland das einzige Land in Europa war, das eine große Zukunft habe, wußten berühmte Deutsche wie Bismarck, Siemens, Krupp, Daimler schon im 19. Jahrhundert. Trotz der zwiespältigen Geschichte im 20. Jahrhundert zwischen Deutschen und Russen, bedingt durch Stalinismus, Krieg, Vertreibung und Ermordung ist die Wesensverwandtschaft geblieben. Ist das russische Volk nicht trotz der geistigen Zwangsherrschaft tief im christlichen Glauben, dem Urgrund des „Abendlandes“, verwurzelt?

Hilde Hülsmeyer, Düsseldorf

 

 

Zu den Äußerungen Schröders während seiner Chinareise

Lieber Kriegssteuern verhindern

Ich bin empört über die Ordnungsrufe des Bundeskanzlers, die er während seiner Chinareise bezüglich der IG-Metalläußerungen zum Bombenkrieg in Afghanistan von sich gegeben hat. Statt der IG Metall einen Maulkorb zu verpassen, sollte US-Kriegsvasall-Kanzler Schröder sich besser um das Wahlversprechen „Reduzierung der Arbeitslosigkeit“ kümmern und die geplanten Kriegssteuern verhindern.

Hans Brose, Witten-Heven


 
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