© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/01 23. November 2001

 
WIRTSCHAFT
Dasselbe ist nicht das gleiche
Bernd-Thomas Ramb

Ärzte lieben es lateinisch, denn das klingt medizinisch fun-dierter. Wohl deshalb hat die Bundesgesundheitsministerin ihr neues Konzept zur Senkung der Arzneimittelkosten aut idem genannt. Übersetzt heißt dies „oder das gleiche“ und gemeint ist die Beschränkung der Ärzte auf die bloße Verschreibung von Wirkstoffmitteln. Welche Präparate diese nach der Meinung des Arztes am besten enthalten, bleibt unerheblich. Der Zusatz aut idem konnte schon immer auf dem Rezept stehen, wenn der Arzt kein bestimmtes Medikament bevorzugte, nun ist dieser Anhang sozusagen fest eingedruckt. Verständlicherweise wächst der Widerstand gegen diese Beeinträchtigung der ärztlichen Behandlungsfreiheit. Das gleiche ist nicht dasselbe, wer aber haftet für diesen feinen Unterschied?

Nicht nur die Kassenärztliche Vereinung und die Bundesärztekammer, sondern auch die Pharmaindustrie und vor allem die Patientenverbände haben sich vehement gegen diese neue Gängelung ausgesprochen. Außer der Bundesgesundheitsministerin sind nur die Apotheker für diese Variante. Es wäre zu einfach, dies allein auf die Einordnung in finanzielle Verlierer und Gewinner zurückzuführen. Die aut-idem-Idee führt sicher zu Einsparungen im staatlichen Krankenversicherungsbetrieb und zu Gewinnsteigerungen bei den Apothekern, die Niedrigpreis-Medikamente mit höheren Gewinnmargen verkaufen und höhere Einkaufsrabatte erzwingen können, wie so mancher Arzt auf die freundlichen Zuwendungen der Pharmaindustrie künftig verzichten müßte. Das Grundübel wird aber nicht beseitigt. Die Eigenverantwortung der Patienten, zu der auch die Zahlungsbereitschaft für bestimmte Präparate gehört, wird wieder nicht aktiviert. Der unmündige Patient bleibt immer dasselbe Klischee der staatlichen Gesundheitspolitik.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen