© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    46/01 09. November 2001

 
Peter Alexander Hussock
Anwalt der Vergessenen
von Werner H. Krause

Als vor zwölf Jahren die Mauer fiel, verband Peter Alexander Hussock mit dem Dahinscheiden der DDR die Hoffnung, daß sich die Zuchtmeister des SED-Regimes, die ungezählte Menschen drangsaliert, verfolgt und erniedrigt hatten, für alle Zeiten in ein tiefes Mauseloch verkriechen würden.

Diese Hoffnung des 1941 in Lübben im Spreewald geborenen, in den sechziger Jahren zwangsexmatrikulierten Germanistikstudenten, der von 1967 an wegen sogenannter Beihilfe zur Republikflucht zweieinhalb Jahre eingekerkert wurde, hat sich nicht erfüllt. Hussock zeigt sich bitter enttäuscht, daß die Gestrigen des Kommunismus heute wieder um Macht buhlen. Deshalb begann er 1991 mit dem Aufbau von HELP - „Hilfsorganisation für die Opfer politischer Gewalt in Europa“ - mit Sitz in jenem Gebäude in der Berliner Ruschestraße, von dem aus einst Erich Mielke seine Schergen befehligte.

Viele, die zu ihm kommen und um Hilfe bitten, berichten davon, wie sie in Amtsstuben trotz ihres schweren Schicksals auf Gleichgültigkeit stoßen, Ärzte ihnen die Anrechnung von Haftschäden oftmals mit den zynischen Worten verweigern, sie litten unter nichts anderem als Altersbeschwerden. Da kann der HELP-Chef fuchsteufelswild werden: „Immer mehr Opfer des Kommunismus“, so Hussock, „gleiten in die Armut ab, während die Täter sich hoher Rentenbezüge erfreuen.“

Die Presseerklärungen und Petitionen, in denen Hussock immer wieder auf die Ausgrenzung dieser Menschen hinweist, füllen bereits viele Aktenordner. Wo immer die Opfer der kommunistischen Gewalt auf ihr Schicksal aufmerksam machen, ist er zur Stelle. Zum Beispiel vor dem Reichstag, wo er verlegen an ihm vorübereilenden Bundestagsabgeordneten ein schlechtes Gewissen macht.

Eine von ihm verfaßte Dokumentationserzählung mit dem Titel „Die letzte Stunde des Lebens“ zeichnet ein erschütterndes Bild von den Verbrechen, welche in den Kellerverliesen der Stasihaftanstalt Hohenschönhausen an Menschen verübt wurden, die sich nicht in ein rotes Korsett hatten pressen lassen. Hussock weiß, wovon er spricht. Für schwere körperliche Arbeit, die ihm im Zuchthaus abverlangt wurde, „bequemte“ sich die DDR, ihm ein monatliches Entgelt in Höhe von 30 Mark zuzubilligen. Jüngst erinnerte der HELP-Vorsitzende die Bundesregierung, daß auch die politischen Häftlinge der DDR Zwangsarbeit zu leisten hatten, für welche ihnen ein Anrecht auf Entschädigung zusteht.

Hussock ist auch davon unterrichtet, daß viele angesehene Betriebe Westdeutschlands Teile ihrer Produktion durch Häftlinge in der DDR fertigen ließen. Ein besonders dunkles, bis heute verdrängtes Kapitel.

Hussock steht unermüdlich jenen zur Seite, die im Bundestag über keine Lobby verfügen, denen es der Kanzler und seine Minister aber paradoxerweise verdanken, daß sie heute von Berlin aus regieren.


 
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