© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/01 26. Oktober 2001

 
Zeitschriftenkritik: Unsere Zeit
Dolchstöße mit geballter Feder
Claus-M. Wolfschlag

Bereits im 33. Jahrgang erscheint die sozialistische Wochenzeitung Unsere Zeit (UZ) als Zentralorgan der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Auf den ersten Blick ein langweilig-biedereres Blatt mit den üblichen Klagen über Unternehmerprofite und Arbeitslosigkeit, mit viel nostalgischer Erinnerung an kommunistische Widerstandskämpfer in der NS-Zeit.

Auf den zweiten Blick wird’s spannender. Zum Beispiel DDR-Rehabilitierung: Darüber, wie die DDR durch Geheimdienste und Unruhen untergraben wurde, will die UZ berichten und strickt dabei mit an der Dolchstoßlegende der orthodoxen Linken, die den Ungehorsam ihrer Untertanen nicht verwinden kann. Derlei Geschichtsklitterung fällt auf fruchtbaren Boden. Am 24. August schrieb beispielsweise Leser Harry Niebuhr aus Celle, daß die Mauer „notwendig“, aber „kein Übel“ war. Schließlich habe sie Revanchismus und Armut in der DDR verhindert. Die „Maßnahmen zur Sicherung der Staatsgrenze“ hätten „historisch nur einen einzigen Fehler“ gehabt: „Sie kamen zu spät!“, man hätte die Mauer schon nach dem „faschistischen Putsch-Versuch vom 16./17. Juni 1953“ bauen müssen.

Ein anderes Thema sind die Anti-Globalisierungs-Proteste, die die DKP im kommunistischen Sinne vereinnahmen möchte: „Wir Kommunisten (...) sind Teil dieser Bewegung, weil auch wir davon überzeugt sind, daß eine bessere Welt möglich und notwendig ist. (...) Die Idee des Sozialismus steht wieder auf der Tagesordnung!“ Dabei kommt es zu argumentativen Widersprüchen. Dem einen Berichterstatter erscheint es sinnvoll, die „brutale Härte“ der Polizei und deren „Folterungen“ gegen die Demonstranten zu brandmarken, an anderer Stelle solidarisiert man sich mit linker Gewalt und beruft sich auf das Widerstandsrecht. Im Gegensatz dazu lastet wieder ein anderer Autor die Gewalttaten von Genua angeblichen „faschistischen“ Provokateuren an, „Skinheads“ aus dem Umfeld MSI. Alles Böse kann nunmal nur von „Rechtsextremen“ stammen.

Da ist es folgerichtig, auch Ministerpräsident Roland Koch eines „faschistoiden Populismus“ zu bezichtigen. Da Koch die Zahl der Sozialhilfeempfänger verringern möchte, wird ihm unterstellt, er wolle diese „in Lager stecken“: „Warum nicht gleich in solche Lager, die zwar Eingangstore haben, deren Ausgänge aber durch den Schornstein gehen?“

Doch nicht alles ist langweilig oder geschmacklos an der UZ. Bei Fotos von Grundschülern mit geballter Kommunistenfaust im Ferienlager der „Roten Peperoni“ in Mechtersheim lacht das Herz des Kinderfreundes. Zahlreiche Auslandsberichte, Buchbesprechungen zu historischen Themen und bisweilen auch über dem Grundniveau der Zeitung liegenden Forumsbeiträge runden das Periodikum ab.

Anschrift: UZ - Unsere Zeit. Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP, Hoffnungsstraße 18, 45127 Essen, Einzelheft 3,50 Mark


 
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