© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/01 19. Oktober 2001

 
Frisch gepreßt

Böll im Krieg. Der das Erbe seines Vaters ideologisch instrumentalisierende Sohn Heinrich Bölls gerät bei öffentlichen Auftritten neuerdings sichtlich ins Stottern, wenn er zu politischen Urteilen befragt wird, mit denen die Briefe durchsetzt sind, die die spätere moralische Großinstanz der BRD während des Zweiten Weltkrieges an seine Frau schickte. Der Landser Böll bündelt die Erfahrungen der Kriegsgeneration auch in jenen Passagen, die den Grünen, die sich Bölls Namen für ihre Parteistiftung bedienen, als „kulturchauvinistisch“ oder gar „rassistisch“ peinlich sind (Briefe aus dem Krieg 1939-1945. Kiepen-heuer & Witsch, Köln 2001, 2 Bände, 1.652 Seiten, 98 Mark).

Konservatismus. Der Hamburger Soziologe Stefan Breuer hat sich vor zehn Jahren mit einer gegen Armin Mohler gerichteten These bekannt gemacht, derzufolge es die „Konservative Revolution“ gar nicht gegeben habe. Zu sehr zerklüftet sei die rechte Szene der zwanziger Jahre gewesen, zu konträr die ideologischen Positionen, um sie ins Korsett eines ideenhistorischen Konstrukts zwingen zu können. Breuer hat seine Thesen in einer „Anatomie“ der KR (1993) zu untermauern versucht, und seitdem hat ihn die Geschichte des deutschen Konservatismus wohl in den Bann geschlagen. Nun läßt er die Ideengeschichte der Rechten zwischen Zweitem und Drittem Reich Revue passieren (Ordnungen der Ungleichheit. Die deutsche Rechte im Widerstreit ihrer Ideen 1871-1945. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2001, 424 Seiten, 98 Mark).

Richard Wagner. Im Gegensatz zum Autor der jüngsten Hitler-Biographie kann der Hamburger Publizist Joachim Köhler in Sachen Richard Wagner nicht mit Sensationen aufwarten. Im Vergleich mit den Bibliotheken füllenden Lebensdarstellungen wirkt Köhlers Opus sogar eigentümlich bieder. Trotzdem: Wer die Biographik über diesen „Meister“ aus Deutschland bislang ignorierte, bekommt mit Köhlers dickleibiger Lebensdarstellung, die mit unverkrampften, manchmal jedoch etwas zu stark psychologisierenden Werkdeutungen versehen ist, eine auch unter ideologiegeschichtlichen Aspekten sehr empfehlenswerte Arbeit in die Hand (Der letzte der Titanen. Richard Wagners Leben und Werk. Claassen Verlag, München 2001, 870 Seiten, Abb., geb., 68,45 Mark).


 
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