© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/01 19. Oktober 2001

 
UMWELT
Allerweltsvogel ohne Lebensraum
Volker Kempf

Zum Vogel des Jahres 2002 wurde vom Naturschutzbund (NABU) der Sperling gewählt. Im Volksmund heißt der 14 bis 16 Zentimeter große Vogel auch Spatz. Seit über 10.000 Jahren ist er in unseren Breiten ein Begleiter des Menschen. In den allgemeinen Sprachgebrauch ging der Vogel als „Dreckspatz“ ein, weil er sich gerne in Staub badet, um sich vor Parasiten zu schützen. So gesehen ist auch der Mensch ein „Dreckspatz“, denn wo immer ihm ein Parasit begegnet, will auch er ihm den Garaus machen. Der Spatz wurde gelegentlich zum Konkurrenten des Menschen, weil er Kirschen oder Getreide fressen wollte. In Notzeiten aß der Mensch aber auch die reichlich vorhandenen Spatzen auf. Das Verhältnis zwischen Spatzen und Menschen war also nicht immer unproblematisch.

Er ist aber längst zum allgemeinen Kulturgut geworden. Deutschland ohne Spatzen, da würde etwas fehlen. Der Vogel macht sich bei uns rar, weil die Welt aus seiner Sicht zu steril geworden ist. Nistmöglichkeiten an Häusern finden sich für das gefiederte Tier immer weniger; zu perfekt sind die Bauten von heute. Eine wichtige Nahrungsquelle, die ihm die ländliche Welt mit Pferden, Hühnern und allem was dazugehört, bot, fehlt dem Allesfresser ebenfalls.

Was der Haussperling braucht, sind Hausbegrünungen, in denen er wieder nisten kann. Heimische Hecken erfreuen den Vogel des Jahres 2002 ebenfalls. Entsiegelung muß auch sein, meint der Spatz, damit er wieder seine Staubbäder nehmen kann. Gartengifte findet der Vogel hingegen ätzend. Wer diesem Zeitgenossen etwas Gutes tun möchte, den bedient der NABU mit einer Broschüre gegen fünf Mark in Briefmarken: NABU-Infoservice, 53223 Bonn.


 
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