© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/01 19. Oktober 2001


Wahltag der Langeweile
von Dieter Stein

Berlin wählt. Und? Irgendwelche Nervosität? Keine. Beklemmung befällt einen angesichts des 21. Oktober 2001. In der Hauptstadt wird gewählt und der Sieger steht schon fest. Klaus Wowereit, ein blasser Regierender Bürgermeister, bekommt von Tag zu Tag wachsenden Amtsbonus. Seine in gedecktem schwarz-weiß geklebten Wahlplakate erwecken nicht ungeschickt das Staatsmännische.

Seit den Terroranschlägen am 11. September ist die lokalpolitische Luft aus dem Berliner Provinzwahlkampf. Jetzt stärkt der Wähler die jeweils amtierenden Regierungen - wenn es nicht, wie in Hamburg, zu klaren Polarisierungen kommt. Noch ein Unterschied zu Hamburg: In Hamburg saß die CDU seit 40 Jahren in der Opposition, in Berlin stellte sie seit 1984 mit Eberhard Diepgen den Regierenden Bürgermeister (mit kurzer Unterbrechung von 1989-91) und ist gleichauf mit der SPD für Filz und Korruption in der Stadt verantwortlich.

So hilft auch die subtile Positionierung des CDU-Spitzenkandidaten Steffel als Familienmenschen gegen den Junggesellen Wowereit nichts. Die CDU wird grandios in den Keller fahren, die SPD ein Traumergebnis ernten, die Grünen werden als Kriegspartei abgestraft, die PDS wegen des Terrors trotz Strahlemann Gysi stagnieren, Rechtsparteien chancenlos bleiben - nur die FDP wird von den CDU-Verlusten besonders profitieren und Spitzenmann Günter Rexrodt auf seine alten Tage noch einmal in die Regierung katapulieren. Denn eines scheint inzwischen sicher: Für Rot-Grün reicht es nicht und die FDP tut alles, um dann eine Ampel-Koalition zu ermöglichen.


 
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