© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/01 12. Oktober 2001

 
Frisch gepreßt

Wissen und Esoterik. Eine eher ungewöhnliche Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts ist mit dem Namen Eranos verbunden. Am Laggio Maggiore, in Ascona-Moscia, traf sich seit den dreißiger Jahren ein illustrer Kreis von Wissenschaftlern und interessierten Laien, um in die Tiefen seelisch-geistiger Ganzheit vorzustoßen. Gastgeberin war Olga Fröbe-Kaptey, die „Urmutter“ des Eranos-Kreises. C. G. Jung, Karl Kerényi, Gershom Scholem, James Hillmann und Mircea Eliade - die Liste der prominenten Geistesgrößen ließe sich beliebig fortsetzen - kamen alljährlich zusammen und versuchten sich an der schwierigen Aufgabe, „esoterisches“ Wissen wissenschaftlich zu ergründen. Hans Thomas Hakl, der Autor der gründlichen und gut lesbaren Untersuchung, ist Mitherausgeber der Zeitschrift Gnostika und Korrespondent der akademischen Zeitschrift Politica Hermetica und gehört zu den wenigen Fachleuten, die einen seriösen, abgeklärten Zugang zu dem heiklen Gebiet esoterischen Denkens eröffnen. (Der verborgene Geist von Eranos. Unbekannte Begegnungen von Wissenschaft und Esoterik. Eine alternative Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts. Scientia Nova Verlag, Bretten 2001, 468 Seiten, 78 Mark).

Freimaurer. Als Helmut Neubergers Buch über das „Feindbild Freimaurerei“ im Dritten Reich 1980 erstmals erschien, schloß es eine Forschungslücke. Denn am Beispiel der NS-Freimaurerverfolgung eröffnete Neuberger vor allem interessante Einblicke in die Organisations- und Denkstruktur der Verfolger: des Sicherheitsdienstes der SS, einem wichtigen Zweig der intellektuellen Elite des NS-Systems. Zwanzig Jahre später ist die Neuauflage dieses Werkes zwar immer noch nicht überholt. Aber sie kann nicht verdecken, daß das Thema heute auf wesentlich breiterer Quellenbasis noch einmal behandelt werden müßte - nämlich anhand der Aktenberge, die der SD in deutschen und ausländischen Freimaurerzentralen beschlagnahmte, die dann in Schlesien der Roten Armee in die Hände fielen und die heute in einem Moskauer Sonderarchiv auf ihre Auswertung warten (Winkelmaß und Hakenkreuz. Die Freimaurer und das Dritte Reich Herbig. München 2001, 480 Seiten, Abbildungen, 69,90 Mark).

Marktliberalismus. Sechs Dozenten disputieren darüber, welches Gesellschaftsmodell nach dem Zusammenbruch des Kommunismus noch zukunftsfähig ist: der vom berüchtigten Manchesterkapitalismus kaum noch zu unterscheidnede „Marktliberalismus“ oder der alteuropäisch wirkende Wohlfahrtsstaat sozialdemokratischer Prägung. Heraus kommt eine allzu trockene Erörterung, zumal alle Beiträger tendenziell der Ansicht sind, die Tage des Sozialstaates seien gezählt - weil angeblich auch sein Korsett, der Nationalstaat, sich überlebt habe (Karl U. Mayer, Hrsg., Die beste aller Welten? Marktliberalismus versus Wohlfahrtsstaat. Campus Verlag, Frankfurt/M. 2001, 196 Seiten, 31 Mark).


 
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