© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/01 05. Oktober 2001 |
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Meldungen Weltkonjunktur: Talsohle erreicht KIEL. Als hätte US-Finanzminister Paul ONeill darauf gewartet, den Absturz der US-Wirtschaft auf die Atomisierung des World Trade Centers zurückführen zu können, verkündete er, die führende Wirtschaftsmacht sei so gewaltig getroffen, daß sie nun in die Rezession stürze. Wissenschaftler vom Kieler Institut für Weltwirtschaft sahen das kurz vor dem Anschlag noch ganz anders (Die Weltwirtschaft, Heft 2/01). Sie prognostizieren eine Belebung der Konjunktur gegen Ende 2001. Dieser Aufschwung setze in den USA ein. Dort verdichteten sich Anzeichen für die Zunahme des Verbrauchervertrauens. Auch die übrigen Industrie- sowie die Schwellenländer würden dann von US-Impulsen profitieren. Selbst in Japan dürften sich Wachstumsperspektiven mit den Strukturreformen verbessern.
Das Unbehagen am Liberalismus BERLIN. Der in Oxford lehrende Raymond Guess stellt den US-Philosophen John Rawls, den wirkungsmächtigsten Protagonisten des westlichen Werteuniversalismus, auf eine intellektuelle Ebene mit Ronald Reagan (Deutsche Zeitschrift für Philosophie, Heft 4/01). Rawls rigider, Kant beerbender Normativismus bleibe ganz der billigen Moralisierung des einstigen US-Präsidenten verhaftet, die vom Reich des Bösen fabulierte. Genauso stufe Rawls Franzosen, Spanier, Habsburger und Deutsche als outlaws der Geschichte ein. Rawls und die politische Elite der USA machten diesen selbstgerechten Rigorismus zur Leitlinie internationaler Politik. Rawls komme nicht einmal auf die Idee, daß die USA angesichts ihrer Ausrottungspolitik den Indianern gegenüber, der Versklavung von Afrikanern und gewaltsamer Interventionen in Südamerika (und anderswo) selbst als Schurkenstaat aufgefaßt werden könne.
Nachtseiten der Jugendbewegung SEELZE. Der Erziehungswissenschaftler Christian Niemeyer entdeckt das Thema Antisemitismus und Jugendbewegung (Neue Sammlung, 2/01). Angesichts neonazistischer Gruppen, die mit Sonnenwendfeiern an die Tradition der Jugendbewegung anknüpfen, sei es geboten, Aufklärung mittels historischer Forschung zu betreiben. Er verweist auf bekannte Diskurse zur Judenfrage, die ab 1912 für weltanschauliche Polarisierung sorgten. Dabei bestätigt Niemeyer nur, daß die Mehrheit an der assimilatorischen Meißner-Formel festhielt, die an Paul de Lagardes Sentenz anknüpfte, das Deutschtum liege nicht im Geblüt, sondern im Gemüt. Bei den judengegnerischen Widersachern dieser dominanten Position vermag Niemeyer in bekannter Manier nur Opfer gesellschaftlicher Vorurteilsstrukturen zu sehen.
Karl Rahners Kritik der Postmoderne FREIBURG. Die Schriften Karl Rahners, eines der bedeutendsten katholischen Denker des 20. Jahrhunderts, enthalten eine vorweggenommene Analyse postmoderner Beliebigkeit. Diese These vertritt Karsten Kreutzer in einer Studie über Rahners Kritik antiintellektualistischer Tendenzen nach 1933 (Theologie und Philosophie, Heft 3/01). Rahner habe zwar respektiert, daß man auf die Hypertrophie des Rationalistischen und liberalistische Beliebigkeit geantwortet und den Mut zu unbedingter Verpflichtung fand. Dieser Aufbruch sei jedoch willkürlich in innerweltlichen Totalitarismen kanalisiert worden. Neomodernistische Tendenzen im Katholizismus hätten diese Entwicklung gefördert, da sie die kirchliche Autorität untergraben und Menschen in die Arme jenes Totalitarismus getrieben hätten, an dessen Stelle heute die gegen jede Glaubenstradition gerichtete durchkapitalisierte Lebensordnung getreten sei. |