© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/01 21. September 2001

 
Meldungen

Martin Walser: Krawall in Erfurt

ERFURT. Der Schriftsteller Martin Walser hat sich bei einer Lesung in Erfurt eine Rangelei mit linken Demonstranten geliefert, die ihm Antisemitismus vorwarfen. Als die jungen Leute das Mikrofon an sich brachten, um die Veranstaltung zu verhindern, versuchte der 74jährige Walser persönlich, sie vom Podium zu entfernen. Die Polizei griff schließlich ein und führte die Demonstranten ab. Fünf von ihnen wurden vorübergehend festgenommen. In der Kritik stand vor allem Walsers umstrittene Rede in der Frankfurter Paulskirche im Oktober 1998 anläßlich der Verleihung des Friedenspreis des deutschen Bundeshandels. Der Schriftsteller hatte damals eine „ständige Thematisierung des Holocaust“ als „Moralkeule“ bezeichnet und die „Instrumentalisierung von Auschwitz“ kritisiert. Der damalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis nannte Walser daraufhin einen „geistigen Brandstifter“ und löste damit eine wochenlange Debatte in den Feuilletons aus.

 

Theodor Fontane: Handschriften zurück

POTSDAM. Das Theodor- Fontane-Archiv in Postdam erhält von der Stadt Wuppertal eine wertvolle Sammlung von Fontanehandschriften zurück. Dabei handelt es sich um das berühmte Novellenfragment „Oceane von Parceval“ sowie um 24 Briefe Fontanes an seine Familie. Wie das Fontane-Archiv am Montag mitteilte, stammen die Handschriften aus dem Vorkriegsbestand des Archivs, das in den letzten Kriegswochen rund 75 Prozent seines Handschriften-Bestandes verloren hatte. Nur ein kleiner Teil davon tauchte nach dem Krieg wieder auf und konnte durch öffentliche Einrichtungen zurückgekauft werden. Auch die Staatsbibliothek Wuppertal hatte die Handschriften 1958 aus Privatbesitz erworben, ohne zu wissen, daß es sich um Bestände des Fontane-Archivs handelt.

 

Thomas Bernhard: Nachlaß in München

MÜNCHEN. Als einzige Station in Deutschland zeigt das Münchner Literaturhaus die Ausstellung „Thomas Bernhard und seine Lebensmenschen“, in der bis zum 4. November erstmals Manuskripte und bisher unbekanntes Fotomaterial aus dem Nachlaß des österreichischen Schriftstellers (1931-1989) zu sehen sind. Die von Martin Huber und Manfred Mittermayer zusammengestellte und vorigen Donnerstag eröffnete Schau verbindet Werk und Biografie, indem sie eine Auswahl an chronologisch geordneten Schriften und Porträts jener Menschen zeigt, die im Leben des Autors eine wichtige Rolle spielten. Zentral ist dabei Bernhards Großvater Johannes Freumbichler, der selbst Schriftsteller war, aber nur kurzzeitig Erfolg hatte. Er lieferte seinem Enkel nicht nur ein Vorbild für das eigene Schriftsteller-Dasein, sondern auch ein Modell für die bei Bernhard oft auftauchende Figur eines scheiternden Künstlers. Umfassend wird auch Bernhards Verhältnis zu seiner jahrzehntelangen Begleiterin und wichtigen Förderin Hedwig Stavianicek beleuchtet. Die 37 Jahre ältere Freundin hatte Bernhards Zugang zu wichtigen Künstler- und Gesellschaftskreisen verschafft. Einblick in die Arbeitsweise Bernhards gibt die Ausstellung zudem durch die Gegenüberstellung unterschiedlicher Entwicklungsstufen von Texten, die oft mit radikalen Anmerkungen wie „Mistroman! Wie kann sowas passieren?“ versehen sind. Der Katalog kostet 45 Mark und ist nur in der Ausstellung erhältlich.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen