© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/01 07. September 2001

 
Meldungen

Regierungskrise vor Parlamentswahlen

WARSCHAU. Wegen Differenzen über geplante Ausgabenkürzungen hat der polnische Premier Jerzy Buzek letzte Woche Finanzminister Jaroslaw Bauc entlassen. Dieser habe das Kabinett nicht rechtzeitig über die ,,dramatische Situation“ der öffentlichen Finanzen informiert, so Buzek. Der renommierte Ökonom Bauc - erst seit Juni 2000 im Amt - hatte kürzlich vor einem Anstieg des Haushaltsdefizits auf 88 Milliarden Zloty (25 Milliarden Mark) im Jahr 2002 gewarnt, sollte der Sparkurs nicht umgesetzt werden. Dies würde eine Verdreifachung gegenüber der in diesem Jahr eingeplanten Haushaltslücke bedeuten. Der 59 jährige Minister schlug deshalb Kürzungen im Umfang von 30 Milliarden Zloty und Einnahmesteigerungen vor. Nach diesen neuerlichen Querelen muß das regierende konservative AWSP-Bündnis - dem auch der Gewerkschaftsbund Solidarnosc angehört - bei den Wahlen am 23. September um den Einzug in das Parlament fürchten. Eine absolute Mehrheit der Linken ist laut Umfragen sehr wahrscheinlich.

 

Visa-Streit wegen Asylanten entbrannt

PRAG/BUKAREST. Ab 1. Oktober brauchen alle rumänischen Staatsbürger ein Visum, um in die Tschechei einreisen zu können. Die Maßnahme sei beschlossen worden, weil sich die Anzahl der Asylanten - meist Zigeuner - im Jahr 2000 um 17 Prozent erhöht habe, teilte der tschechische Regierungssprecher Libor Roucek letzte Woche mit. Um die Visapflicht noch abzuwenden, will die rumänische Regierung künftig Staatsbürger bestrafen, die illegal ins westliche Ausland gereist sind und zurückgeschickt wurden. Premier Adrian Nastase erklärte dazu: „Wir müssen Mitbürger zur Verantwortung ziehen, die die Interessen von Millionen Rumänen aufs Spiel setzen, die visumfrei reisen wollen“. Rumänien ist der einzige EU-Kandidat, dessen Bürger für EU-Reisen ein Visum brauchen.

 

Bertelsmann-Einfluß wird eingedämmt

BUDAPEST. Die ungarische Medienbehörde ORTT hat letzte Woche gefordert, daß sich der deutsche Medienkonzern Bertelsmann entweder von seiner Beteiligung an der Tageszeitung Népszabadság oder jener am ungarischen TV-Sender RTL Klub trennen müsse. Bertelsmann hat nun 180 Tage Zeit, auf die Entscheidung der ORTT zu reagieren. Als Mehrheitseigner von Gruner+Jahr besitzt Bertelsmann einen 67,65 Prozent-Anteil an der früheren KP-Zeitung Népszabadság. Zum Jahreswechsel hatte Bertelsmann die Mehrheit an der RTL Group übernommen, die 49 Prozent an RTL Klub hält. Beide Medien kritisieren heftig die Mitte-Rechts-Regierung von Premier Viktor Orbán.

 

Drei Millionen für Glaubensbekenntnis

ATHEN. Auf Initiative des Athener Erzbischofs Christodoulos wurden bis Ende August etwa drei Millionen Unterschriften für eine Eintragung des Religionsbekenntnisses in die neuen griechischen Identitätsausweise gesammelt. Der Erzbischof fordert nun eine Volksabstimmung. Die konservative Opposition hat sich mit der Kirche solidarisiert. Regierungssprecher Dimitris Reppas räumte den Erfolg der Kirche zwar ein, meinte aber, bei einer Frage der Grundrechte könne man nicht auf Mehrheiten Rücksicht nehmen. Vor einem Jahr hatte die sozialistische Regierung Simitis beschlossen, aus „Datenschutzgründen“ die Angabe des Religionsbekenntnisses aus den Ausweisen zu streichen (JF berichtete). Der oberste griechische Gerichtshof erklärte anschließend auch eine freiwillige Eintragung des religiösen Bekenntnisses, wie von der orthodoxen Kirche vorgeschlagen, für verfassungswidrig. Christodoulos aber fordert nun eine Volksabstimmung. Diese kann nur vom Parlament beschlossen werden. 95 Prozent der elf Millionen Griechen sind Orthodoxe.


 
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