© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/01 07. September 2001


Musterland Australien
von Steffen Königer

Australien war im Jahr der Olympischen Spiele für alle Befürworter multikultureller Gesellschaften das Musterland schlechthin. Jeder Sportkommentator kam nicht umhin, den fünften Kontinent für seinen vorbildlichen Umgang mit Minderheiten und für seine Einwanderungspolitik zu loben. Bis zum Überdruß.

Genau ein Jahr später sind Wahlen auf dem roten Kontinent. Plötzlich löst sich das von den Reportern in den schönsten Farben gemalte Bild des australischen Paradieses in Luft auf. Die Regierung von Canberra will partout nicht der Musterrolle gerecht werden, die ihr von der internationalen Gemeinschaft zugedacht wird. Gewalt drohte sie an, wenn ein norwegische Frachter mit 438 afghanischen Flüchtlingen nicht abdrehen würde. Diese Zurückweisung rief weltweit Entsetzen hervor!

Und was sagen die Australier? Die haben sich vollkommen hinter die Politik des konservativen Ministerpräsidenten John Howard gestellt. Er könnte sogar davon profitieren, denn aktuellen Umfragen zufolge sind weniger als zehn Prozent gegen die harte Linie der Abweisung. Die Hälfte fordert gar, sämtliche Flüchtlingsboote aus Australiens Gewässern zu zwingen.

Die Vorgänge lassen für die Bundestagswahlen nächstes Jahr noch hoffen. Denn wie am Beispiel Australiens gut sichtbar wurde, ist es kaum ratsam, ein Problem wie das der Zuwanderung mal eben unter den Teppich zu kehren. Sonst stolpert man bloß über die Falten!


 
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