© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/01 24. August 2001

 
Von der Jagdtrophäe zur Lachnummer
Der gefeuerte „FAZ“-Herausgeber Hugo Müller-Vogg wird ab 1. Oktober Kolumnist bei der „Welt am Sonntag“
Thorsten Thaler

Nun ist es also aktenkundig: Hugo Müller-Vogg (54), der ehemalige Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der vor acht Monaten von seinen Mitherausgebern so unsanft vor die Tür gesetzt wurde, geht ab 1. Oktober zur Welt am Sonntag (WamS), wird dort „Kolumnist“, wie es heißt, soll sich als solcher um Innenpolitik und Wirtschaftspolitik kümmern. Ob er damit sich und seiner Gesundheit einen Gefallen getan hat?

Die Welt am Sonntag ist unter ihrem neuen Chefredakteur Thomas Garms, der früher sogenannte Lifestyle- und Gesundheitsmagazine geleitet hat, in kürzester Zeit total umgepflügt worden und bietet heute das Erscheinungsbild einer bunten bis überbunten Juxzeitung für Jungmänner, die sich nicht die Bohne um Innenpolitik kümmern und sich, was Wirtschaft betrifft, bestenfalls für aktuelle Börsenkurse aus der New Economy interessieren. Autoren wie Müller-Vogg wirken in solcher Umgebung wie frisch vom Kopf abgezogene Indianerskalps, die man einige Zeit als Jagdtrophäe herumzeigt, um sie alsdann möglichst unauffällig zu entsorgen.

So sind in der letzten Zeit bereits andere WamS-Kolumnisten entsorgt worden: Boenisch und Nagy, Bölling, Röhl, Gauweiler. Die Zeichen für Kolumnisten in der Welt am Sonntag stehen ausgesprochen schlecht. In der Branche gibt man ihnen eine Verweildauer von etwa neunzehn Monaten, inklusive der anschließenden Abfindungsverhandlungen und Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht. Von der Jagdtrophäe zur Lachnummer ist oft nur ein Schritt. Aber es gibt natürlich auch den Spruch: „Wer zuletzt lacht, lacht am besten“.


 
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