© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    34/01 17. August 2001

 
Neulich im Internet
Psychologie
Erol Stern

Wie schnell ist es passiert - man bekommt eine Nachricht, die einen aufregt, und man macht seinem Ärger Luft. Handelt es sich um einen Anruf, dann erinnern wir uns (meist) an unsere gute Kinderstube und reißen uns am Riemen. Bei einem Brief dauert sowieso alles länger, so daß man hier oft rechtzeitig zur Besinnung kommt - meistens im strömenden Regen auf dem Weg zum Postkasten. Doch, mal ehrlich, wie oft habt Ihr schon eine voreilige Antwort auf eine eMail verschickt, deren Inhalt und Tonfall Ihr alsbald bereutet? Leider gibt es zu diesem Thema noch keine Statistiken. Der eine oder andere dürfte jedoch dadurch seinen Job verloren haben oder seiner Karriere eine jähes Ende beschert haben. Möglicherweise liegt die (zum Teil verletzende) Ehrlichkeit bei der Formulierung einer eMail daran, daß man sein Gegenüber weder hört noch sieht. Eine genauere Betrachtung überlasse ich gerne Psychologen, für die sich durch Internet und eMail in Zukunft eine völlig neue Klientel erschließen dürfte. Da ich mich aber schon häufiger damit konfrontiert sah, habe ich eine simple, aber wirksame Technik gegen die „Selbstmordkommunikation“ entwickelt. Ich schreibe regelmäßig haßerfüllte Mails, sende diese jedoch nicht ab. Für diejenigen, die fürchten, diese versehentlich zu verschicken, bietet sich der gute alte Texteditor an. Man kann sie ja immer noch in das Mailprogramm kopieren. Grundsätzlich gilt: Entschließe ich mich doch dazu, die Mail abzusenden, bleibt sie trotzdem 24 Stunden im „Postausgang“. Manchmal ist längst die Entschuldigung meines Gegenübers eingetroffen, denn sicher ist sicher, rät Euer Erol Stern


 
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