© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/01 27. Juli / 03. August 2001

 
Die Realität verdrängt multikulturelle Träume
England: Asiatische Moslems regieren ganze Innenstadtbezirke / Spracheingangstest gefordert / Krawalle bringen rechten Wahlerfolg
Derek Turner

Die Geschichte der Beziehungen ethnischer Gruppen zueinander ist in Großbritannien von Rassenunruhen geprägt – und zwar von Rassenunruhen, in denen zunächst Schwarze eine herausragende Rolle gespielt haben. Eine Reihe von Rassenunruhen gab es etwa während des 19. Jahrhunderts in britischen Hafenstädten, wo die kleine Zahl unlängst zugewanderter Schwarzer (aus den britischen Kolonienen) konzentriert lebte. 1919, während schwerer ethnischer Spannungen in Liverpool, wurden einige Bürger sogar getötet und Hunderte von Schwarzen gezwungen, Zuflucht in den örtlichen Polizeistationen zu suchen.

Es gehörte daher nicht viel dazu, weitere ethnische Spannungen vorauszusehen, nachdem die Zahl der Einwanderer – in der Folge des Zusammenbruchs des britischen Empires – nach 1945 so massiv gestiegen ist. Und genau das ist auch eingetreten. 1958 kam es zu schwerwiegenden Auseinandersetzungen zwischen Schwarzen und Weißen in Londons Stadtbezirk Notting Hill. Seitdem ist es fast jedes Jahr irgendwo im Königreich zu neuen Ausschreitungen von geringerem Ausmaß gekommen, die oftmals von unbedeutenden Anlässen ausgelöst worden sind.

Von vielen dieser Unruhen ist allenfalls noch in der Lokalpresse zu lesen. Doch manchmal stoßen diese Krawalle auch auf ein landesweites Interesse. Während der 80er Jahre ereigneten sich beispielsweise in bestimmten Stadtteilen von Liverpool, Birmingham und London bemerkenswerte Straßenkämpfe. In diesem Jahr haben Städte des englischen Nordens wie Bradford, Oldham, Leeds, Accrington, Burnley und Manchester schwer unter Ausschreitungen zu leiden gehabt. Der Unterschied besteht heutzutage darin, daß die Unruhestifter nicht mehr Schwarze, sondern "asiatische Moslems" (Pressejargon) sind – genauer gesagt: Kinder und Jugendliche von muslimischen Einwanderern aus Pakistan und Bangladesh, Staaten, die bis 1947 zu Britisch-Indien gehörten.

Bradford, Oldham und Burnley sind seit dem Niedergang der Textilindustrie, von der sie abhängig waren, verkommene und verarmte Städte. Ihre Einwohnerschaft besteht zu einem hohen Anteil aus muslimischen Asiaten: Die Bewohner Bradfords sind zu 16 Prozent dieser Herkunft, während in Oldham ihr Anteil elf Prozent ausmacht. In den nächsten zehn Jahren soll dieser Schätzungen zufolge auf 17 Prozent steigen. Alle diese Städte sind praktisch rassisch gespalten. Zwischen den einzelnen Gruppen herrschen enorme Spannungen. So existieren in Bradford bereits 63 Privatschulen, die an Moscheen angegliedert sind. Das kommunale Parlament bereitet derzeit die Öffnung der ersten moslemischen Oberschule im ganzen Land vor.

1995 haben ernstzunehmende Unruhen sogar zur Veröffentlichung eines Berichts der Regierung geführt. 1998 war Bradford erneut in den Schlagzeilen, als die asiatischen Zuhälter die letzten weißen Prostituierten aus dem Stadtbezirk Manningham verdrängten. Die Lage in Manningham hat sich nicht entspannt. Vielmehr wurde der mittlerweile überwiegend moslemische Stadtbezirk zum Zentrum der jüngsten Krawalle. Bradford ist schon seit April in einem unruhigen Zustand. Damals hatte ein Streit auf einer Hochzeit von indischen Hindus Ausschreitungen gegen Moslems ausgelöst – also fast ein "Kaschmir-Konflikt" im kleinen. Daraus entwickelten sich die verheerenden Krawalle in den ersten drei Julinächten. Dabei wurde ein Schaden im Wert von 25 Millionen Pfund angerichtet. 65 verhaftete Randalierer stehen 164 verletzten Polizeibeamten gegenüber. Das Eigentum von Weißen und indischen Hindus wurde gezielt zerstört.

Der Herausgeber der lokalen Zeitung Bradford Telegraph and Argus wußte von einem "fundamentalen und tiefsitzenden Haß gegenüber den Weißen und gegenüber jeglicher staatlichen Autorität" vieler Moslems zu berichten. Die Times berichtete, daß "weiße Ladenbesitzer, indische Familien und Einwanderer aus der Ukraine aufgrund ihrer bitteren Erfahrungen wissen, daß sie in überwiegend asiatischen Innenstadtbezirken nicht willkommen sind, zu arbeiten, zu leben oder sich aufzuhalten. Junge Moslems beantworten dies, indem sie es als Drohungen oder Einschüchterungen interpretieren, mit Gewalt."

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, daß der frühere Vorsitzende der "Kommission für Rassengleichheit" Bradford als die ultimative Herausforderung für die ethnischen Beziehungen in Großbritannien nannte. Aber die Stadt, der von panischen und aufgeregten Politikern und Journalisten die größte Aufmerksamkeit entgegengebracht wurde, war Oldham. Die Unruhen haben sich das ganze Jahr über zusammengebraut. Im Januar veröffentlichte der Oldham Chronicle Polizeistatistiken, die zeigten, daß sechs von zehn rassisch motivierten Übergriffen in diesem Gebiet gegen Weiße gerichtet seien. Die Lokalzeitung veröffentlichte eine Reihe von Tatsachenberichten über rassisch motivierte Angriffe auf Weiße.

Verständlicherweise echauffierte sich das Blatt ganz besonders, als im April der 76jährige Walter Chamberlain, ein Veteran aus dem Zweiten Weltkrieg, von einer Bande asiatischer Jugendlicher zusammengeschlagen wurde. Später im April kam es zu einigen Scharmützeln zwischen dort ansässigen Asiaten und auswärtigen Fußballfans. Im Mai verbot das Innenministerium eine von der National Front, einer Rechtsaußen-Gruppierung, geplante Veranstaltung in der Stadt. Zwei Tage später verhinderte die Polizei eine Demonstration der kommunistischen Anti-Nazi League. Zwischen dem 26. und dem 29. Mai kam es zu nächtlichen Ausschreitungen. Dabei mußte die Polizei gegen rund 500 Asiaten vorgehen, als diese mehrere Gebäude in Brand setzten. Darunter befand sich auch der Sitz des Oldham Chronicle.

All das wäre eine Lokalmeldung geblieben, wenn nicht die kleine British National Party so herausragende Ergebnisse bei der Wahl zum Unterhaus am 7. Juni errungen hätte: Parteichef Nick Griffin kam im Westen Oldhams auf 16,4 Prozent und verwies den Tory-Kandidaten auf Platz vier (siehe JUNGE FREIHEIT 25/01). Dies löste dann eine Hysterie politisch korrekter Betroffenheit und Wut aus. Eine aufgeregte Suche nach Sündenböcken für die Rassenunruhen begann in allen ethnischen Brennpunkten des Landes. Selbstverständlich wurde zunächst die BNP selbst dafür verantwortlich gemacht, obwohl die Partei ihre Kandidaten dort erst aufgestellt hatte, nachdem die Ausschreitungen stattgefunden hatten. So forderte unter anderem ein Labour-Abgeordneter aus Bradford das Verbot der Partei. Dann wurde die Situation den konservativen Tories und schließlich den "sozialen Begleitumständen" zugeschrieben. Einige Asiaten greifen die "westliche Kultur" an, indem sie argumentierten, daß ihre Jugendlichen nur die weiße Unterschicht kopieren würden.

In Oldham wurden neben dem Oldham Chronicle auch die örtlichen Schulen verantwortlich gemacht. In diesen Schulen wird eine freiwillige Rassentrennung praktiziert, wobei dies die gesellschaftliche Segregation nur zu gut widerspiegelt. Die Linke argumentierte weiter, daß in Bradford die Schließung des "Rates für rassische Gleichheit" die Entfremdung der Asiaten hervorgerufen habe. In Burnley schließlich geriet ein Abgeordneter der Liberalen im Kommunalparlament ins Feuer der Kritik. Dieser hatte unangenehme Fakten über staatliche Transferleistungen zugunsten rassischer Minderheitengruppen veröffentlicht.

Was keiner in den Medien zu verstehen scheint, ist, daß das wirkliche Problem die massive und unkontrollierte Zuwanderung ist. Diese wird durch eine aggressive multikulturelle Indoktrination kaschiert, die ganz bewußt die Engländer diskriminiert. Der neue Innenminister hat vorgeschlagen, sportliche Wettkämpfe zur Entspannung der Lage zu veranstalten. Als Reaktion auf die Unruhen wäre diese Vorgehensweise geradezu lächerlich, ginge es nicht um ein so ernstes Thema.

Manchen, selbst in Labour-Kreisen, dämmert es langsam. Am 11. Juli trat die Abgeordnete von Yorkshire, Ann Cryer, mit der Forderung nach Sprachtests für asiatische Einwanderer auf den Plan. Aber in ihrem gegenwärtigen Zustand sind selbst so kleine Hürden von einer Partei kaum zu erwarten, die zunehmend von Wählerstimmen aus dem Lager der ethnischen Minderheiten abhängig ist. Andererseits kann die Realität nicht für immer ignoriert werden.

Die Rassenunruhen sind für dieses Jahr wohl noch nicht vorüber. Am Wochenende vom 14. zum 15. Juli gingen 300 asiatische Jugendliche in Stock-on-Trent auf die Barrikaden. 49 Personen wurden dabei festgenommen. Und unlängst warnte die Londoner Polizeibehörde vor möglicherweise in Brixton drohenden Krawallen. Dort hatte die Polizei einen bewaffneten Schwarzen erschossen. Die Waffe hatte sich dann aber als ein Feuerzeug herausgestellt. Wir erleben spannende Zeiten; oder, wie wir Engländer sagen, "die Hühner kehren heim, um sich auf die Stange zu setzen".


 
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