© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/01 13. Juli 2001

 
PRO&CONTRA
Deutsche Soldaten nach Mazedonien?
Angelika Beer, Helmut Lippelt, Winni Nachtwei, Christian Sterzing / Volker Rühe (CDU), Verteidigungsminister a. D.

Gruppen der Friedensbewegung rufen die Abgeordneten auf, einem neuen Bundeswehreinsatz nicht zuzustimmen. Auf der anderen Seite ist nach der neuen Eskalation der Lage in Südosteuropa in den letzten Monaten auch die militärische Absicherung eines politischen Verhandlungsergebnisses notwendig.

Die nationalistische Aufheizung nimmt inzwischen erheblich zu. Trotz der auf Druck der internationalen Gemeinschaft derzeit regierenden Großen Koalition, der auch die beiden mazedonischen Albanerparteien angehören, ist es bisher nicht gelungen, die Situation zu entschärfen. Inzwischen meldete sich eine "Mazedonische Paramilitärische Armee 2000" mit der Absicht, albanische Dörfer "säubern" zu wollen, und der ultimativen Forderung an Teile der albanischen Bevölkerung, das Land zu verlassen.

Nach den bisherigen Erfahrungen aus den Kriegen in der Region wird von vielen die Gefahr gesehen, daß die Bereitschaft der UÇK zur Entwaffnung nicht ernst gemeint war oder es zu erneuten Kämpfen zwischen den Konfliktparteien kommen könnte. Für diesen Fall müßte über ein "robusteres" Mandat zur wirkungsvollen Sicherung des Waffenstillstands und der daraufhin erst möglichen Entwaffnung nachgedacht werden. Ein solches Mandat würde den Nato-Truppen im Einzelfall die Möglichkeit zu bewaffneter Nothilfe über die bloße Selbstverteidigung hinaus geben. Ein Kampfeinsatz zur Friedenserzwingung wie im Kosovo wäre damit nicht verbunden.

Die Nato ist lediglich zur Selbstverteidigung befugt, ein Mandat der UN völkerrechtlich nicht erforderlich. Anders als im Kosovo geht es nicht um Nothilfe für die Zivilbevölkerung und insofern um Parteinahme für eine der gegnerischen Seiten. Die Erfüllung der politischen Voraussetzungen unterstellt, ist ein solcher Einsatz notwendig und sinnvoll.

 

Angelika Beer, Helmut Lippelt, Winni Nachtwei, Christian Sterzing (Die Grünen) in ihrem Positionspapier "Bundeswehr nach Mazedonien?" vom 10. 7. 2001(in Auszügen)

 

 

Die außenpolitische Handlungsfähigkeit und Zuverlässigkeit Deutschlands ist durch die Regierung Schröder schwer beschädigt worden. Innerhalb kürzster Zeit hat sie die Bundeswehr in eine existenzielle Krise gestürzt, so daß unsere Streitkräfte heute zu weiteren Einsätzen wie möglicherweise in Mazedonien nicht mehr in der Lage sind und auch der Kosovo-Einsatz darunter zu leiden droht.

Der Bundeskanzler und der Außenminister haben die Bundeswehr international als Instrument genutzt, um deutsche Gleichberechtigung in der europäischen Politik deutlich zu machen, sie haben zugleich aber unsere Streitkräfte fallen lassen, indem sie ihnen die dafür notwendige finanzielle Ausstattung verweigern. Diese Schizophrenie ist jetzt in ihrer vollen Tragweite zum Ausdruck gekommen, denn es zeigt sich, daß Deutschland kein gleichwertiger Partner der Engländer und Franzosen, aber auch vieler anderer kleinerer europäischer Staaten mehr ist.

Diese Verantwortungslosigkeit des Bundeskanzlers muß umgehend korrigiert werden. Der Bundeskanzler muß als erstes Zuverlässigkeit gegenüber der Bundeswehr beweisen, indem er für eine finanzielle Kehrtwende im Bundeswehretat und für grundlegende Verbesserungen für die Streitkräfte sorgt. Dann würde auch wieder die deutsche Außenpolitik glaubwürdiger und berechenbarer werden.

Ganz nach der Kanzlermethode "Haltet den Dieb!" versucht der Bundeskanzler diesen selbst angerichteten außenpolitischen Schaden nun auf die Opposition abzuwälzen. Diese Methode verfängt jedoch nicht. Denn gerade CDU/CSU sind im Unterschied zu Rot-Grün international für ihre außenpolitische Glaubwürdigkeit und zuverlässigkeit bekannt. Jedermann weiß noch sehr genau, daß die Voraussetzung von uns gegen den heftigsten Widerstand von Rot-Grün durchgesetzt wurde.

 

Volker Rühe (CDU), Verteidigungsminister a. D., in einer Pressemitteilung der CDU-Bundestagsfraktion über außenpolitische Handlunsgfähigkeit und den Einsatz der Bundeswehr in Mazedonien.


 
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