© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/01 06. Juli 2001


CDU
Einfach so mal mitwirken
Steffen Königer

Alle Parteien – vielleicht mit Ausnahme der FDP – klagen über Mitgliederschwund oder Personalnöte. So auch die CDU in Brandenburg. Was läge also näher, als in diese Partei einzutreten, um mal ein wenig "Schwung in den Laden" zu bringen. Schließlich hat man ja was zu sagen und auch eine Meinung, die man bereit ist, vor jedem zu vertreten. Mein gutes Recht innerhalb der Demokratie.

Das übliche Verfahren lag bereits hinter mir (Antrag gestellt, Anruf von der Geschäftsstelle, Gesprächstermin vereinbart), und es kam zu einer Unterhaltung zwischen dem Ortsverbandsvorsitzenden von Potsdam-West, Volkmar Näder, und mir. Das Gespräch verlief sehr gut, ich stellte fest, daß die Positionen fast identisch mit den meinen waren. Bis ich dann meine Arbeitsstelle erwähnte: "Oh, ach so. Da muß ich ja auch den Kreisverband informieren". Auf der nächsten Mitgliederversammlung vorstellig geworden, erhielt ich für die Darstellung meiner politischen Ziele auch Applaus von allen Seiten und eine Aufnahme stand kurz bevor, wenn sich nicht einige Berufsbedenkenträger (gerade zwei an der Zahl) zu Wort gemeldet hätten. "Ich habe gelesen, daß Ihre Zeitung Rechtsextremen ein Forum bietet". Ach, wo? Im Neuen Deutschland? "Mit Ihnen sind wir ja von der PDS angreifbar, die warten ja bloß darauf." Wie, ohne mich nicht? Die eingangs applaudierten, bekamen jetzt auf einmal Sorgenfalten und Zweifel. So verschob man dann die Entscheidung, um "noch einmal in Ruhe darüber nachzudenken".

Vier Wochen später: "Als Sie gegangen waren", so Näder, "haben wir nach gründlicher Diskussion den Schluß gefaßt, mit Ihnen dieses Risiko nicht eingehen zu können". Man sei eben verwundbar, ich sollte dies verstehen, und schließlich sei man gerade sowieso nicht beschlußfähig, da der halbe Vorstand erkrankt oder im Urlaub sei. Aber ich könne ja auch so, ohne Mitgliedschaft, an der Parteiarbeit mitwirken. Um noch eins draufzusetzen dann der Vorschlag eines Mitgliedes: "Ja, wenn Sie Ihre Arbeitsstelle aufgeben würden, könnten wir ja noch einmal drüber reden ..." und ein anderer: "… wir sollten auch mal Ihre Texte unter die Lupe nehmen!" Um mir dann eine politisch korrekte Weste auszustellen? Ein verblüffender Vorschlag. Nicht übel, dachte ich mir, nachdem die Tür hinter mir ins Schloß gefallen war. Auf die Idee wäre ich nicht gekommen.

Da rufen alle Parteien ständig dazu auf, sich am politischen Geschehen zu beteiligen, den Prozeß der Willensbildung in das Volk zu tragen – bis einer kommt und dies auch umsetzen will. Aber offenbar war mein demokratisches Engagement dann doch nicht erwünscht.

Nach dieser Erfahrung mein heißer Tip an die CDU Potsdam: Um eventuell denkbare Proteste seitens der PDS gegen möglicherweise nicht in jeder Hinsicht akzeptable Neumitglieder abzuwenden, könnte sie Mitgliedsanträge einfach in der örtlichen PDS-Geschäftsstelle gegenzeichnen lassen.


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