© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    27/01 29. Juni 2001

 
Blick in die Medien
Werbekunden
Ronald Gläser

Der Unterschied zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung ist schon Gegenstand vieler Analysen gewesen. Die jüngsten Verlautbarungen des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger anläßlich einer Jahresbilanz haben diese Diskrepanz einmal mehr bestätigt. Eigentlich lesen rund dreißig Prozent der Deutschen eine Tageszeitung. Diese Zahl verhält sich ziemlich konstant. Doch aus zwei Gründen sind einige Zeitungen ins Schlingern geraten, was zu Einsparungen und Entlassungen führt. Einerseits steigen die Papierpreise. Die zumeist skandinavischen Hersteller fürchten die Konkurrenz, die das Internet für ihre Kunden darstellt. Sie unterlassen teure Investitionen. Das ist verständlich, denn eine neue Fabrik kostet bis zu einer halben Milliarde Mark. Zum anderen aber sind die Werbeeinnahmen der Zeitungen um vierzig Prozent zurückgegangen. Bis im Jahr 2000 die Börsenhausse platzte, finanzierten kleinste Firmen mit (fremdem) Kapital Imagekampagnen oder ihre Börsengänge. Hinzu kamen Übernahmeschlachten und die euphorische Stimmung der neuen Stromanbieter wie Avanza oder Yellow, die Millionenbeträge in Werbung investierten. Mit all dem ist längst Schluß. Nebenbei: Etliche der neu gegründeten Börsenbriefe und Anlegerzeitungen sind längst wieder eingestellt worden. Fazit: Bei gleicher Anzahl der Leser rutschen Verlage in die Verlustzone. Wer kann es den Redaktionen verdenken, daß sie ihre Werbekunden für wichtiger halten als ihre Leser? Das spiegelt sich natürlich in dem Produkt wider.


 
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