© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    27/01 29. Juni 2001

 
Abenteuerlich
von Alexander Schmidt

Es wäre sicherheitspolitischer Wahnsinn, eine Armee in einen weiteren Einsatz zu schicken, die sich noch nicht einmal von ihrem ersten Einsatz im ehemaligen Jugoslawien erholt hat. Der Ernstfall "Balkan" hat der Bundeswehr gutgetan, um den Blick für die Erfordernisse eines tatsächlichen Einsatzes zu schärfen. Die vielen Sandgrubenmanöver können nicht die Erfahrungen eines Krieges kompensieren, sondern höchstens darauf vorbereiten. Der Einsatz im ehemaligen Jugoslawien hat bestehende Mängel in Struktur und Organisation offenbart. Begibt man sich jedoch jetzt ohne Manöverkritik in das nächste Abenteuer, widerspräche das nicht nur jeder Logik der Fehler-Erkennung und -Beseitigung. Die politische und militärische Führung würde hochgradig verantwortungslos handeln. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß drei Wochen Krisensitzung im Bendler-Block ausreichen, um die Bundeswehr mazedonienfähig zu machen. Der Balkan-Einsatz hat die Bundeswehr in ihrer momentanen Verfassung unfähig gemacht, die Verteidigungsbereitschaft im eigenen Land zu garantieren. Der Jahresbericht des Wehrbeauftragten zeigt dies nur zu deutlich. Allein deshalb ist – darüber herrscht beinahe parlamentarischer Konsens – ein weiterer Einsatz nicht finanzierbar. Jahrelange Kürzungen im Verteidigungshaushalt haben die Bundeswehr unfähig gemacht, in größerem Maße an Auslandseinsätzen teilzunehmen, und das Mephisto-Prinzip, daß auch Schlechtes zum Guten führt, bestätigt: Die stiefmütterliche Behandlung der Streitkräfte schützt vor weiteren Eskapaden im Ausland.


 
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