© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/01 15. Juni 2001

 
WIRTSCHAFT
Atomausstieg mit Wiedereinstiegsoption
Bernd-Thomas Ramb

Mit der Unterzeichnung des Atomausstiegsvertrags haben die Grünen zumindest vorübergehend eines ihrer Koalitionsziele formell erreicht. Die noch verbliebenen Atomkraftwerke werden nachträglich in ihrer Laufzeit befristet, in der Regel – also mit Ausnahmen – auf eine Laufzeit von 32 Jahren. Unter Berücksichtigung des bestehenden Alters der AKWs wäre demnach mit einer endgültigen Abschaltung des letzten in Deutschland stehenden Atomkraftwerks in 20 Jahren zu rechnen – eine Rechnung allerdings ohne den (Betriebs-)wirt. So haben die Kraftwerksbetreiber bereits offen erklärt, ein Konsens bestehe trotz Vertragsunterzeichnung keinesfalls und die Entscheidung über den Ausstieg sei nicht unumkehrbar.

Der Verdacht verstärkt sich, daß der Vertrag als Opium für die grüne Hanfseele gedacht ist und selbst die Oberhäupter der Ökopartei dem süßen Gift der Selbsttäuschung frönen. Keiner, der energiepolitisch rechnen kann, glaubt im Ernst an einen Bestand des Atomkraftausstiegsvertrags. Der Energiebedarf ist einfach zu groß, die Ersatzfunktion alternativer Energiegewinnungsformen zu gering. Wäre der Umweltschutzgedanke wirklich das Primat der Zielsetzung müßten konsequenterweise auch alle Kraftwerke geschlossen werden, die mit fossilen Brennstoffen wie Kohle, Gas und Erdöl betrieben werden, und selbst – zumindest die zu Lande betriebenen – Windkraftwerke wieder verschwinden. Ein Rückfall in die vorindustrielle Gesellschaft wäre die Folge. Langfristig – ob die Grünen dann politisch tot sind oder nicht – wird es also wieder neue deutsche AKWss geben. Möglicherweise werden sie zunächst nur im nahen Ausland errichtet, das künftig ja EU-Inland ist und Energie nach Deutschland leiten könnte. Ob das aber für eine gesicherte Energieversorgung reicht?


 
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