© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/01 15. Juni 2001


Europa brennt
von Alexander Barti

Eine merkwürdige Zurückhaltung seitens der Politiker war zu bemerken in den letzten Tagen, nachdem die Bilder der Rassenunruhen in England über die Bildschirme flimmerten. Waren die Ereignisse so unbedeutend, daß jeder Kommentar überflüssig schien? Wohl kaum. Viel eher herrschte und herrscht eine peinliche Betroffenheit in den Kreisen der Multikultopisten, denn wieder hat sich gezeigt, daß die Menschen sehr wohl auf das Eigene bestehen und, wenn’s sein muß, auf das Andere einschlagen. Und nicht nur im ach so toleranten England: eigentlich ist Europa übersät mit ethnischen Kleinkriegen, die den Leib des Alten Kontinenten schwächen wie die Eiterwunden den Aussätzigen. Wird auf dem Balkan gezündelt und gemordet, heißt es oft genug, der gegenseitige Rassenhaß sei eine Hypothek der Rückständigkeit, die mit Kfor-Soldaten und Care-Paketen bald schon gelöst sein wird.

Nun gut, aber was ist dann mit all den anderen Konflikten, im Baskenland, in Südfrankreich und Irland, von der täglichen Ethno-Gewalt in den europäischen Großstädten ganz zu schweigen? Auch das Zeichen einer Rückständigkeit, die es mit einem Kreuzzug der anständigen Toleranzritter auszumerzen gilt? Daß diese Option scheitern muß, dürfte jedem klar sein, egal welche Hautfarbe er hat. Denn während das "friedliche Zusammenleben vieler Kulturen an einem Ort" eine liebgewonnene Theorie der herrschenden Klasse ist, sind die abgefackelten Häuser von Leeds und Mitrovica Realität. Europa brennt an allen Ecken und Enden, und es wäre an der Zeit, brauchbare Ordnungskonzepte für den Kontinent zu erarbeiten.


 
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