© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/01 08. Juni 2001


Gemäßigte Töne
von Kurt Heißig

Österreich stand im Mittelpunkt des 52. Sudetendeutschen Tages; vor allem deshalb, weil seinem Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel der diesjährige Karlspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft verliehen wurde. Ähnlich wie das Europaparlament mahnt Österreich – im Gegensatz zu Deutschland – die Prager Regierung, jene Präsidialdekrete Edvard Beneschs außer Kraft zu setzen, mit denen man nach dem Zweiten Weltkrieg den Sudetendeutschen und Ungarn kollektiv Eigentum, Bürger- und Menschenrechte entzog. Nach den Sanktionen gegen Österreich, an denen die Tschechische Republik als einziges Land außerhalb der EU teilnahm, muß nun auch in Deutschland klargestellt werden, was mit der Wertegemeinschaft der EU schwerer vereinbar ist: die rassistischen Dekrete, noch heute in der Tschechischen Republik Grundlage von Urteilen, oder die flapsigen Sprüche eines Jörg Haider. Trotzdem blieb die Sprache moderat.

Nicht nur Schüssel in seiner eindrucksvollen Rede sondern auch der Sprecher der Sudetendeutschen, Landtagspräsident Johann Böhm, und Edmund Stoiber machten eindeutig klar, daß es sich nicht um ein zwischenstaatliches Problem, sondern um eine Grundsatzfrage handelt, ob ein Staat mit unmenschlichen Gesetzen in die EU aufgenommen wird. Beim Beitritt in die Wertegemeinschaft der EU müßte die Tschechische Republik diesen Ballast über Bord werfen. Das wurde nicht als Junktim, sondern als Selbstverständlichkeit formuliert. Man sprach nicht von der Forderung, sondern von der Förderung der Vergangenheitsbewältigung in Tschechien.


 
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