© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/01 01. Juni 2001

 
Meldungen

Österreich gegen "straflose Schlepperei"

WIEN/BRÜSSEL. Die konsequente Haltung der österreichischen Bundesregierung verhinderte letzen Montag beim Ratstreffen der EU-Justiz- und Innenminister in Brüssel eine EU-einheitliche Ausweitung des Familiennachzugs von Asylanten. Die ÖVP-FPÖ-Koalition will, wie auch die deutsche Bundesregierung, auf jeden Fall sicherstellen, daß nur die "Kernfamilie" – also Ehepartner und Kinder – nachziehen darf. "Echte Differenzen", erklärte der parteilose Justizminister Dieter Böhmdorfer in Brüssel, herrschten zwischen den EU-Ländern auch über die Bestrafung von Schleppern, die Ausländer in den EU-Raum schmuggeln.Hier sperrt sich Österreich gegen eine Straffreiheit bei "Fluchthilfe aus humanitären Gründen". Böhmdorfer meinte dazu: "Wir wollen nicht, daß es straflose Schlepperei gibt."

 

Imam-Äußerung löst Toleranz-Debatte aus

DEN HAAG. In Holland haben kontroverse Äußerungen eines muslimischen Geistlichen eine heftige Toleranz-Debatte ausgelöst. Der Imam hatte in Rotterdam Homosexualität als Krankheit und als Gefahr für das gesellschaftliche Zusammenleben bezeichnet. Der Chef des niederländischen Sicherheitsdienstes (BVD), Siebren van Hulst, ist davon überzeugt, daß verschiedene Moschee-Vorsteher bewußt die von der sozial-liberalen Regierung verfolgte Ausländer-Integration stören wollen. Politiker der Sozialdemokraten (PvdA) und der Rechts-Liberalen (VVD) forderten, daß der Imam zur Persona non grata erklärt werden müsse. Ministerpräsident Wim Kok erklärte, daß die extremen Positionen des Imams dem angestrebten Zusammenleben der verschiedenen Minderheiten zuwiderliefen. Letztes Jahr war bereits ein in Utrecht wirkender Imam ausgewiesen worden, weil er dem libyschen Geheimdienst angehört haben soll.

 

Kommunisten werden stärkste Partei Zyperns

NIKOSIA. Die kommunistische "Wiederaufbaupartei des arbeitenden Volkes" (Akel) wurde bei den Parlamentswahlen vom letzten Sonntag im griechischen Teil Zyperns mit 34,7 Prozent (1996: 32,9 Prozent) stärkste Partei. Da die Regierung aber vom Präsidenten bestellt wird, bleibt die Akel weiterhin bis zu den Präsidentenwahlen 2003 in Opposition. Die seit 1993 regierende konservative Demokratische Sammlung (Disy) von Präsident Glafkos Klerides erreichte 34,0 (34,5), die Demokratische Partei (Diko) 14,8 (16,4) und die Sozialisten (Kisos) 6,5 (8,1) Prozent. Acht Parteien belegen 56 Parlamentssitze – die 24 Plätze für die Türken in Nord-Zypern sind seit 1963 leer. Akel-Generalsekretär Dimitris Christofias ist ein orthodoxer Kommunist und Gewerkschafter, der aber eine intensive patriotische Rhetorik pflegt.

 

Neues Parteiengesetz erzwingt Parteifusionen

MOSKAU. Rußland erhält ein neues Parteiengesetz, das sich gegen kleine Fraktionen richtet und zu einem Zweiparteiensystem aus Kreml-Getreuen und Kommunisten führen könnte. Die Duma in Moskau nahm letzte Woche den Vorschlag von Präsident Wladimir Putin mit 261 von 450 Stimmten an. Die Neuerung sieht eine strikte staatliche Kontrolle über die Parteifinanzen vor. Nur jene erhalten staatliche Zuwendungen, die bei Wahlen mehr als drei Prozent der Stimmen erringen. Bisher sind laut Justizministerium 54 Parteien und 150 politische Vereinigungen registriert. Künftig müssen Parteien mindestens 10.000 Mitglieder haben. Die lose demokratische Parteienallianz "Union der Rechten Kräfte" (SPS) hat sich daher am letzten Wochenende in eine einheitliche Partei umgeformt. Parteichef wurde nach einer 22stündigen Marathonsitzung der frühere Vizepremier und heutige SPS-Fraktionschef Boris Nemzow. Auch die von Ex-Premier Gaidar geführte Demokratische Wahl Russlands (DWR) ging in der SPS auf.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen