© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    22/01 25. Mai 2001

 
Leserbriefe

Zu: "Der normale Wahnsinn" von Roger Hicks, JF 20/01

Innere geistige Ödnis

Den Grund des pathologischen Konsum- und Zerstreuungsbedürfnisses reduziert der Grüne Hicks wie folgt: "Geld verdienen/ausgeben ist die Ursache (fast) aller Probleme." Daß das Konsumverhalten mit all seinen ressourcenverschlingenden

Interdependenzen eine zwangsläufige Kompensation für ausgetriebene Wertvorstellungen und das Resultat der Transformation einer Volks- und Verantwortungsgemeinschaft (Gemeinnutz vor Eigennutz) in die Masse der egoistischen Selbstverwirklicher darstellt, verschweigt der Grünen-Delegierte.

Solange die Kulturzerstörer des morbiden BRD-Systems junge Menschen ohne Ideale und ohne geistige Führung aufwachsen lassen, sie in geistigen Ruinen sich selbst überlassen, ist eine Umkehr u.a. zur Naturverantwortung unvorstellbar. Wer, wie die Grünen, das Verantwortungsgefühl für das räumlich nächstliegende – Vaterland und Heimaterde – in ihrer geistigen Dimension in den Dreck zieht, der braucht sich nicht wundern, wenn sich das ökologische Bewußtsein als flüchtiger Modegag entpuppt .

Wer den Menschen ihre umweltbelastenden Ersatzbefriedigungen nehmen will, muß ihnen geistiges Futter bieten. Und zwar durch Wertevermittlung via Erziehung. Es reicht nicht, wenn Klassiker in Bibliotheken ungelesen verstauben. Die Verbrauchs- und Verblödungsgesellschaft dominiert, solange sich ihre Handlungsmaximen aus der Orientierungslosigkeit durch Wertezerstörung speisen müssen. Blaise Pascal hat schon gezeigt, daß der Verzicht auf Aktivität zwangsläufig zur Beschäftigung mit sich selbst, mit seinem Innersten, führt. Daß, unbewußt, die meisten Menschen der inneren geistigen Ödnis durch Ablenkung, die die Freizeitindustrie, die Eventveranstaltungen und das geisttötende Fernsehen so überreich anbieten, entfliehen, ist verständlich, aber kaum hilfreich für die psychische und geistige Gesundung des einzelnen und damit sein Bewußtsein für die Umwelt.

Hans Kießling, Düsseldorf

 

Zu: "Intelligenz ist kein Zufall", Interview mit Volkmar Weiss, JF 20/01

Vererbung neben Erziehung

Anerkennung für das kritische und dadurch informative Gespräch mit dem Leipziger Humangenetiker Volkmar Weiss, der endlich die Vererbung wieder neben einer vernünftigen Familienerziehung gelten läßt und sie als zusammengehörig kennzeichnet.

Warum hat jedoch Interviewer Sven Baier ihn nicht gleich noch nach einer vernünftigen Kindergeld- und Stipendienregelung gefragt, die es verantwortungsvollen Eltern ermöglicht, auch zweite, dritte und vierte Kinder bis zum Abitur und zu einer Berufsausbildung zu bringen? Statt Kindergeld in alle Welt zu verstreuen und nicht nach dem Erziehungserfolg zu fragen.

Georg K. Schmelzle, Norden

 

Zu: "Düsseldorfer Paranoia" von Hans-Peter Rissmann, JF 20/01

Gezielte Falschinformation

Was der NRW-Verfassungsschutz in seinem neuesten Bericht an Verleumdungen auflistet, geht weit über die Grenzen demokratischen Anstandes hinaus. So wird beispielsweise unter den "Kontakten zur NPD" ein Interview mit dem JN-Aktivisten Wagner verbucht. In diesem Gespräch (JF 31/00) verweist Dieter Stein wiederholt auf die Gewaltbereitschaft im NPD-Umfeld und verurteilt dabei ausdrücklich die kaltschnäuzigen Hakenkreuzler, die "ausländische Kinder anzünden". Wer angesichts dieser eindeutigen Haltung noch von "wohlwollender Oberflächlichkeit" sprechen kann, ist nicht mehr weit von dem entfernt, was vor noch nicht allzu langer Zeit in Deutschland gang und gäbe war: eine gezielte Falschinformation der Öffentlichkeit zum Zwecke des eigenen Machterhalts. Gestapo und Stasi lassen grüßen.

Hans Maier , Berlin

 

Zu: "Der Haß eines Heimatlosen" von Doris Neujahr, JF 20/01

Feind der Menschheit

In Deutschland wird nicht erst seit heute Herr Ehrenburg wieder salonfähig gemacht. Diese Kampagne gipfelt zur Zeit in der Eröffnung eines "Cafés Ehrenburg" mitten in Berlin. Der Besitzer verhöhnt zudem alle seine Kritiker als "revisionistische Idioten". Mit Ihrem Beitrag haben Sie schon mit der Überschrift Schützenhilfe für die Provokateure gegen die Menschlichkeit geleistet. Sie relativieren zudem Ehrenburgs Schreibtischmörder-Tätigkeit und seine Hauptschuld an der Vergewaltigung und am Mord von zwei Millionen deutscher Frauen. Damit fallen Sie Kämpfern und Märtyrern wie z.B. dem sowjetischen Pilotoffizier Kopeljew, der laut und überzeugend Ehrenburgs Verbrechen verurteilte und dafür stante pede vom großen Führer Josef Stalin in den Gulag gesperrt wurde, in den Rücken. Ehrenburg war kein "nützlicher Idiot" (laut Bildunterschrift). Er war ein Feind der Menschheit und der Menschlichkeit.

Rolf Rauter,  Generalmusikdirektor, Berlin

 

Zu; "Politisch im Abseits" von Philip Plickert, JF 20/01

Handzahm und unpolitisch

Farbe tragen, heißt Farbe bekennen? Davon kann im Falle der bundesdeutschen Burschenschaften kaum noch die Rede sein. Die Urburschenschaft, die sich im Jahre 1815 als Reaktion auf den deutschen Freiheitskampf gegen Napoleon und zur Erwirkung eines einigen und freien Vaterlandes gebildet hatte, war und blieb lange Zeit ein politischer Kampfverband – und nicht für die 1789-er-Ideen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit! Die staatliche Vereinigung des deutschen Volkstums in Freiheit war das hehre Ziel, für das Burschenschafter seinerzeit mehrjährige Kerkerstrafen und Emigration in Kauf nahmen. Diese Zeit der "Demagogenverfolgung" unter Metternich ab 1819 ähnelt auf verblüffende Weise unserer heutigen "Patriotenverfolgung".

Aber wo ist die Burschenschaft heute? Wo recken "Buxen" heute noch ihren Kopf empor, wenn Widerstand und Diffamierung zum Trotz für das Lebensrecht des deutschen Volkes zu streiten ist?

Patriotische Ausnahmen in Dachverband bestätigen nur die Regel der allgemeinen Patriotismus-Situation: Nach vier Bieren am burschenschaftlichen Kneiptisch wird es vaterländisch, nach drei weiteren kommt Freikorps-Romantik auf, und nach insgesamt zehn Bieren würden die Herren plötzlich gerne in schneidiger Uniform durchs Brandenburger Tor marschieren.

Am nächsten Tag, ordentlich ausgenüchtert, ist der Durchschnittsburschenschafter wieder ein handzahmes, unpolitisches und angepaßtes Mitglied der spätliberalistischen Spaß- und Karrieregesellschaft. Armes, verlassenes Deutschland!

Thoralf Trenkmann, München

 

Zu: "Feigheit und Unterwerfung" von Dieter Stein, JF 18/01

Dehnbare Grundwerte

Der SPD-Kanzler hat vor Monaten mit Sanktionen gedroht, falls die Italiener so falsch wählen sollten wie die Österreicher. Nun hat er sie, die unerwünschte rechte Mehrheit in Rom. Sogar Neofaschisten werden wieder mitregieren. Das müsse man "zur Kenntnis nehmen", beruhigt Herr Schröder in Berlin. Wird er jetzt demonstrativ auf seinen Italien-Urlaub verzichten? Oder wenigstens Solidarität mit dem linken "Widerstand" zeigen – wie demnächst beim Genossen Gusenbauer und seinen "kritischen Wählern" in Wien? Darf Italien künftig ebenfalls mit strengem "Monitoring" seiner Partner rechnen?

Beredtes Schweigen und Abwiegeln auch in Brüssel und Paris. Italien sei schließlich Gründungsmitglied der EU, ein Land mit ca 60 Millionen Einwohnern. Die zählen mehr als acht Millionen Österreicher.  Was lernen Europas Bürger daraus?

Erstens, daß die durch Österreich angeblich bedrohten "europäischen Grundwerte" beliebig dehnbar und belastbar sind. Ihre linken Erfinder und Verteidiger verdienen daher weder unseren Respekt noch unser Steuergeld. Zweitens, daß die Isolierung Österreichs kein deutsches Anliegen war, sondern rot-grüne Strafpolitik. Die große Mehrheit der Bundesbürger lehnte die arrogante Einmischung ab und bedauert sie noch heute.

Herbert Rauter, Karlsruhe

 

Selbsternannter Polizist

Das Vorkommnis in Berlin beweist einmal mehr, daß sich Rot/Grün zwar in der ganzen Welt als selbsternannter Polizist zur Überwachung von Menschenrechten und Demokratie aufspielt, es aber zuläßt, daß im eigenen Land das Recht auf Meinungs- und Redefreiheit Stück für Stück abgebaut wird. Was linke Fanatiker und Radaubrüder in Berlin erneut mit offenbar stillscxhweigender Duldung durch die Political Correctness veranstalteet haben, grenzt schon fast an Kriminalität und offenbart, daß Rot/Grün aus der leidvollen deutschen Geschichte nichts gelernt hat. Geändert hat sich lediglich die politische Herkunft und das Outfit der Täter und die Zielgruppe der Verfolgten.

W. Röckelein , Eching

 

Zu: "Hitlers Tod und Deutschlands Rettung geplant" von Jutta Winckler, JF 20/01

Reine Verlegenheitslösung

Mit mehr als gemischten Gefühlen las ich Jutta Wincklers "historisch-politische Impressionen" zur Jugendbegegnungstätte Kreisau. Gar zu viel an unentschuldbaren Fehlern lassen Zweifel aufkommen, ob man dem nicht überprüfbaren Teil Glauben schenken darf.

Schon die Überschrift trifft nicht die Absichten des "Kreisauer Kreises", der den Tyrannenmord ablehnte und sich um die Grundlagen für ein neues Deutschland nach der erwarteten Niederlage mühte. So sollte auch nicht ein "in die Luft gejagter Hitler als Pate der Völkerversöhnung dienen".

Wer sich mit dem Widerstand gegen Hitler auch nur am Rande beschäftigt hat, sollte den Namen des Generalmajors Henning von Tresckow nicht zu "Treschkow" verhunzen. Daß die Stadt Schweidnitz heute S´widnica heißt, während "Legnica" für "Liegnitz" steht, dürfte einem Reisenden nach Kreisau, vor den Toren von Schweidnitz gelegen, eigentlich nicht entgangen sein. Übrigens stehen auf dem Friedenskirchhof von Schweidnitz noch viele Grabsteine von "verwehten Autochthonen". Wetten möchte ich, daß der als angeblich letzter zitierte "Oberlyzealschullehrer" nicht "Partikulier" hieß. Er mag Lehrer "und Partikulier" (also von seinem Hausbesitz lebender Rentier) gewesen sein. Die Schlacht, mit der der spätere Generalfeldmarschall von Moltke 1866 im Österreichisch -Preußischen Bruderkrieg den Weg zu Bismarcks Kleindeutschen Reich ebnete, wird im Deutschen nach "Königgrätz" benannt. Der Ruf nach "Revanche pour Sadowa" ertönte aus dem Frankreich Napoleons III.

Ob Mazowiecki auf einem berühmten Foto "in den Armen des Oggersheimers schier verschwindet", ist unwichtig (und im Blick auf die traurige Realität nicht einmal symbolträchtig). Eine Kernfrage lautet: Was hat Kreisau überhaupt mit dem deutsch-polnischen Verhältnis zu tun? Die Wahl dieses Ortes für das "Versöhnungstreffen" war eine reine Verlegenheitslösung, nachdem Helmut Kohl vor dem einzig richtigen Ort, dem oberschlesischen Annaberg, zurückgewichen war. Dort, und nicht in dem harmlosen und unbedeutenden niederschlesischen Dörfchen Kreisau, zeigte sich 1921 der harte Kern der deutsch-polnischen Auseinandersetzungen, die schließlich 1939 in einem neuen Krieg mündeten.

Horst Adler, Regensburg

 

Zu: "Das Unrecht von Versailles tilgen", Interview mit Johann Adolf Graf von Kielmannsegg, JF 18/01

Nur noch Diktate der Sieger

Zu dem herausragenden Interview mit dem Viersterne-General der Bundeswehr a.D., Johann Adolf Graf von Kielmannsegg, in Ihrer Zeitung möchte ich Ihnen gratulieren. Natürlich fällt es Kielmannsegg leichter, auf die wahren Probleme bei der Betrachtung der Handlungsweise des deutschen Soldaten nach dem Diktat von Versailles und dem Kriegsende 1945 einzugehen, als es einem aktiven Offizier der Bundeswehr möglich ist. Er steht wie in den Vorgängerarmeen in Deutschland unter dem Primat der Politik und setzt sich aus, wenn er wider die "politische Korrektheit" Wahrheiten anspricht, die dem herrschenden Zeitgeist zuwiderlaufen.

Daß General Graf Kielmannsegg das Diktat von Versailles mit als Grundübel für das Ende der jungen deutschen Demokratie von Weimar anführt, ist offen und ehrlich. Schon unser erster Bundespräsident nach 1945, Theodor Heuss, prägte das Wort, daß Hitler in Versailles geboren sei. Der letzte ehrliche Friedensvertrag, den man als solchen bezeichnen kann, war der von Brest-Litowsk zwischen dem Deutschen Reich und Rußland vom Frühjahr 1918, als alle betreffenden Parteien mit am Verhandlungstisch saßen und einen Vertrag aushandelten. Später diktierte nur noch der Sieger; das "Vae victis" ist bis zum heutigen Tag zu spüren, wenn Kriegsverbrechen, die an Deutschen und von den Kriegssiegern begangen worden sind, ungesühnt bleiben.

Peter Hild, Potsdam

 

Zur Patriotismusdebatte und zu: "Das Kreuz mit dem Stolz" von Christian Vollradt, JF 14/01

Staatsräson der Bundesrepublik

Es macht mich langsam sauer, wenn sogar JF-Leser in Leserbriefen ständig die Meinung vertreten, die derzeitige rot-grüne Regierung sei für mangelndes Nationalbewußtsein und Canossarepublik allein verantwortlich, und mit einer Ablösung der Regierung durch CDU/CSU und FDP wäre wieder alles in Ordnung. Welch Irrtum! Diesen Lesern muß man ein unglaublich schlechtes Gedächtnis vorwerfen. In diesem Zusammenhang empfehle ich die Lektüre des hervorragenden Artikels von Christian Vollradt.

Diesem möchte ich noch folgendes hinzufügen; es war die christlich-liberale Koalition, unter der sich die Zahl der Ausländer in Deutschland verdoppelt hat und die Einführung der Weichwährung Euro (auf massiven Druck unserer französischen Freunde) durchdrückte. Auf die Frage, warum uns die US-Amerikaner ungehindert auf eigenem Boden (Bad Aibling) ausspionieren dürfen, bemerkte der große Patriot Helmut Kohl, er wolle das gute partnerschaftliche Verhältnis nicht gefährden. Und in der Patriotismusdebatte im Bundestag beriefen sich die CDU-Abgeordneten ausgerechnet auf Willy Brandt (der ja bekanntlich die deutschen Ostgebiete für ein Linsengericht an unsere östlichen Freunde verschenkte und dafür den Friedensnobelpreis erhielt), der sich schließlich auch irgendwann als ein stolzer Deutscher bekannt habe.

Minister Trittin hat mit seiner Äußerung somit kurz und präzise lediglich die Staatsräson der Bundesrepublik ausgedrückt, wofür ihm Dank gebührt.

Volker Groß, Steinbach


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen