© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    22/01 25. Mai 2001

 
Auf Männerfang
Kino II: "Heartbreakers – Achtung: Scharfe Kurven" von David Mirkin
Werner Olles

Die beiden professionellen Herzensbrecherinnen und Heiratsschwindlerinnen Max (Sigourney Weaver) und Page (Jennifer Love Hewitt) sind nicht nur Mutter und Tochter, sondern auch zwei hinreißend verdorbene Schurkinnen. Denn während Max reiche Männer heiratet, verführt Page sie gleich nach der Hochzeit, und das bedeutet im Regelfall: Scheidung, hohe Abfindung, Schmerzens- und hin und wieder sogar Schweigegeld. Und so leben die beiden schönen, bösen Damen im Luxus, denn immerhin ging ihr frivol-kriminelles Spielchen schon vierzehnmal gut.

Auch diesmal läuft alles wie geschmiert, der verliebte Autohändler Dean (Ray Liotta) darf seine angebetete Angela – alias Max – zum Traualtar führen, aber kurz danach schlummert sie selig ein, worauf ihr frischgebackener, verliebter Trottel von Ehemann frustiert in sein Büro fährt, um seine faulenzenden Gehilfen zur Arbeit zu motivieren. Dort wartet aber bereits seine ausgesprochen aufreizende Sekretärin Wendy – alias Page – auf ihn, und es kommt wieder einmal, wie es kommen muß. Die plötzlich erwachte Braut erwischt die beiden in einer höchst intimen Situation, und schon ist die nächste Scheidung inklusive 300.000 Dollar Abfindung fällig.

Nach diesem Coup beschließen die Damen, ihren Aktionsradius zu erweitern und nach Florida auszuweichen. Verfolgt von einer Steuerfahnderin (Anne Bancroft) und dem immer noch schwer verliebten Autohändler Dean gehen Max und Page im sonnigen Palm Beach auf Männerfang und haben bald schon ihr nächstes Opfer im Visier: den dauerhustenden, lungenkranken, dafür aber milliardenschweren Zigaretten-Tycoon William B. Tensey (Gene Hackman), den Max als russische Kunstsammlerin Olga heftig umgarnt. Aber genau zu diesem denkbar ungünstigen Zeitpunkt muß sich Page ernsthaft in den jungen Strandbarbesitzer Jack (Jason Lee) verlieben, und da auch noch der betrogene Dean unversehens auf der Bildfläche erscheint, droht das ganze gut geplante Unternehmen diesmal zu scheitern ...

Die gesellschaftliche Moral einer erotischen Komödie beginnt in dem Moment, wenn sie die Liebe, das Recht auf Gefühle und die Unschuld verteidigt. Sie ist also interpretierbar als das tragikomische Drama der weiblichen Initiation in der bürgerlichen Gesellschaft, welche die so schmerzlich vermißte Identität von Gefühl und Moral versinnbildlicht. In "Heartbreakers", einer der originellsten Filmkomödien Hollywoods der letzten Jahre, ist die professionelle Zusammenarbeit zweier ausgefuchster und zugleich liebenswerter Ganovinnen die treibende Kraft der Geschichte.

David Mirkin, Regisseur und Drehbuchautor, hat das Image von Sigourney Weaver und Jennifer Love Hewitt, seinen beiden überaus attraktiven Hauptdarstellerinnen, geschickt in ihre Rollen integriert: die berüchtigte "Alien"-Mutter einerseits und den unschuldig-durchtriebene Horrorfilm-Teenager verbindet trotz ihres Altersunterschieds das Mädchenhafte miteinander, wobei diese Differenz in einem ironisch-emotional gefärbten Mutter-Tochter-Verhältnis aufgehoben ist. Auch Gemeinsamkeiten in der Darstellung der beiden kommen diesen Rollen zugute – Intelligenz und ein leichter Unernst, ein Schuß Schalkhaftigkeit und ein augenzwinkerndes Einverständnis mit dem Zuschauer.

Der Plot ist simpel, die ausgefeilte Geschichte ist es nicht. Zudem liegt ein Hauch von Sozialkritik über dem Ganzen. Die kleinen Gaunereien der Damen erscheinen nicht als schlechteste Form des Überlebens in einer Welt, in der die großen Gauner das Sagen haben. "Heartbreakers", der die Besinnung Hollywoods auf seine ureigenen Tugenden signalisiert, auf perfekt gemachtes, in allen Sparten von erstklassigen Spezialisten mitverantwortetes Unterhaltungskino, ist nicht zuletzt dank des brillanten Gene Hackman ein echter Genuß. Voraussetzung ist allerdings, daß der Zuschauer sich der einer fintenreichen Pokerpartie ähnelnden Geschichte anvertraut und ihre Prämissen akzeptiert: schöner Schein, augenzwinkerndes Als-Ob, das Unwahrscheinliche wahrscheinlich gemacht.

Bei der Schlußpointe muß er dann freilich entdecken, daß der Film auch mit ihm gespielt hat, daß er wie ein Zauberkünstler alles offengelegt hat, nur um besser täuschen zu können.


 
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