© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/01 18. Mai 2001


Hohes Paar, lesend
von Thorsten Thaler

Man kann die Servilität gegenüber den Mächtigen auch zu weittreiben. Kein Anlaß ist dafür putzig genug. Als jetzt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels dem Bundeskanzler Schröder und seiner Frau zum Umzug ins neue Kanzleramt eine politisch korrekte Handbibliothek mit achthundert garantiert "demokratischen" Büchern schenkte, geriet Eckhard Fuhr, der Feuilletonchef der Berliner Tageszeitung Die Welt, derart ins Schwärmen, daß wohl sogar Stalin an solchen Tönen seine Freude gehabt hätte.

Der "Symbolpanzer" des neuen Hauses, so Fuhr, werde nun erfolgreich "von innen durchlöchert". Denn abends nach getaner Arbeit greife "das hohe Paar" (gemeint waren Gerhard und Doris) nach den vom Börsenverein gespendeten Bänden und "wärmt dadurch die kalte Machtburg mit Werten". Das sei "eine politische Inszenierung von großer Schlichtheit, aber auch Klarheit. Sie hat etwas von modernem, funktionalem Design".

Texte wie der von Fuhr verraten ebenfalls ein Design, wenn auch nicht unbedingt ein modernes. Es ist das uralte Design byzantinistischer Arschkriecherei, das zunehmend den Stil der Berliner Medien zu prägen beginnt. Daß dabei ausgerechnet gelernte Sonntagsjäger wie Fuhr den Vorreiter spielen, sollte nicht allzu sehr überraschen. Solche Leute haben schon so manchen kapitalen Bock geschossen. Ihre Botschaft ist ebenso schlicht wie klar. Sie lautet: "Bitte, liebes Hohe Paar, verschafft mir einen Wert, an dem ich mich wärmen kann."


 
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