© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/01 11. Mai 2001

 
Zeitschriftenkritik: Die Rote Fahne
Party im Altenheim
Werner Olles

1918 von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg als "Zentralorgan der Kommunistischen Partei Deutschlands" gegründet, feierte die legendäre Rote Fahne 1989 während der Wende in der DDR mit der Neugründung der KPD ihre Wiederauferstehung. Unter dem alten marxistischen Leitsatz "Proletarier aller Länder, vereinigt Euch" – wobei man auf die maoistische Zugabe "... und unterdrückte Völker ...", die die studentische KPD/AO seinerzeit benutzte, wohlweislich verzichtete, um erst gar keine Reminiszenzen an die Hochstapeleien der siebziger Jahre aufkommen zu lassen –, kann die Monatszeitung damit auftrumpfen, im "83. Jahrgang" zu erscheinen.

In ihrer jüngsten Ausgabe berichtet die Rote Fahne über den "21. Parteitag der KPD" und knüpft auch somit nahtlos an die Tradition der 1933 durch die Nationalsozialisten verbotenenen Partei an. Stolz wird auf die zahlreichen Grußbotschaften befreundeter Bruderparteien verwiesen, von denen aber wohl nur die "Partei der Arbeit Koreas" von einiger Bedeutung ist. Dafür durften die Delegierten dann Mitglieder und Funktionäre von DKP, PDS, SPD und DGB als Gäste begrüßen. Was besonders die Vertreter der beiden letzteren Organisationen zu dem KPD-Bonmot meinen, "daß die Deutsche Demokratische Republik seit mehr als 150 Jahren das Ziel der revolutionär-demokratischen Bewegung in Deutschland war, und daß diese Deutsche Demokratische Republik das Beste war, was die deutsche Arbeiterklasse je hervorgebracht hat", wissen wir leider nicht. Aber daß die deutsche Arbeiterklasse über die "Befreiung Berlins durch die Sowjetarmee" (O-Ton KPD) nicht sonderlich begeistert war, dürfte sich inzwischen, sieht man einmal von den Knallchargen der KPD ab, überall herumgesprochen haben.

Von derartigen Kalauern quillt die Rote Fahne geradezu über. Bei allen skurrilen und unappetitlichen Zügen, die solche Realitätsverschiebungen und existentiellen Lebenslügen natürlich auch aufweisen, ein politisches Ereignis stellen die KPD und ihre Zeitung nicht dar. Daß man dennoch jahrzehntelang in seiner Bedeutungslosigkeit verharren kann, ohne jemals irgendeine Aussicht auf Erfolg zu haben, machen uns links- und rechtsextremistische Gruppierungen hierzulande allerdings tagtäglich vor.

Reduziert auf langweiligen Funktionärs-Agitprop und trockenes Bürokraten-Kauderwelsch ("... noch konsequenter auf der gemeinsamen Basis des Marxismus-Leninismus operieren, seinen revolutionären Gehalt entschieden gegen alle revisionistischen Erscheinungen verteidigen und offensiv zur Wirkung bringen") hat dieses marode Unternehmen ohne jegliche revolutionäre Romantik und Ästhetik den Charme und Schwung einer Disco-Party im Altenpflegeheim. Daran ändert auch die angedrohte Wiedergründung des "Kommunistischen Jugendverbandes Deutschlands" (KJVD) nichts.

"Mit dem Gesang der ’Internationale‘ und dem Bekenntnis zum Marxismus-Leninismus wurde der 21. Parteitag der KPD beendet. Unsere Partei kann also gut gerüstet an die Arbeit gehen." Na dann!

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