© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    17/01 20. April 2001

 
Blick in die Medien
Rußlandbesuch
Ronald Gläser

Beim Trip des Bundeskanzlers nach St. Petersburg ging es in erster Linie um die Schulden in Milliardenhöhe, deren Tilgung noch aussteht. Präsident Putin soll deren "anhaltende Tilgung" in Aussicht gestellt haben. Damit könnte er einen neuen Begriff in der Finanzwelt kreiert haben. Was ist wohl das Gegenteil von "anhaltender Tilgung?" Fortgesetzte Tilgung, stockende Tilgung oder etwa zügige Tilgung. Andere Vereinbarungen brachten auch nur sehr mickrige Ergebnisse. So wurden einige Investitionsprojekte vorbereitet. Die deutsche Investitionstätigkeit verharrt mit einem Prozent aller Auslandsinvestitionen auf sehr niedrigem Niveau. Für russische Akademiker wurden zehn Stipendien ins Leben gerufen. Die geraubte Beutekunst verbleibt auch weiterhin bei den Ex-Sowjets. Lediglich ein Privatmann gab ein einziges Gemälde aus dem 17. Jahrhundert freiwillig an die Dresdner Gemäldegalerie zurück. Doch das Medieninteresse konzentrierte auf die drohende Verstaatlichung des Nachrichtensenders n-tv. Der Kanzler macht sich für die Presse- und Meinungsfreiheit stark, so der Tenor in den Berichten deutscher Medien. Zur selben Zeit hat das BKA einer winzigen Agenturmeldung zufolge in Deutschland Anfang April in fünfzehn Bundesländern eine Großrazzia gegen eine sogenannte "rechtsextreme Musik-Tauschbörse" durchgeführt. Über einhundert Wohnungen wurden durchsucht, Computer und anderes elektronisches Gerät wurden als Beweismittel und "Tatwerkzeuge" beschlagnahmt.


 
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