© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/01 13. April 2001


Drögeler und Dealer im Park
Schweiz: Dritte Räumung einer "offenen Drogenszene" innerhalb von zehn Jahren / Unhaltbare Zustände in Zürich
Mauro Tuena

Über sechs Jahre ist es nun her, seit in Zürich die offene Drogenszene im Letten-Quartier, die weltweit traurige Berühmtheit erlangt hatte, geräumt wurde. Geändert hat sich jedoch kaum etwas.

Die katastrophalen Zustände im Umfeld der früheren offenen Drogenszene im Zürcher Letten-Areal waren weltweit ein Thema. Selbst Zeitungen in Amerika und Australien berichteten über den "Drogen-Slum". Die rot-grüne Zürcher Stadtregierung zeigte sich schon damals unbeeindruckt. Sie duldete die Szene und deren ständiges Wachsen. Dies, obwohl sie am 30. Oktober 1991 anläßlich der Räumung des Platzspitzes, der ersten großen offenen Drogenszene in der Züricher Limmatstadt, erklärt hatte, daß "in Zukunft offene Drogenszenen zu verhindern" seien. Erst massiver Druck der betroffenen Bevölkerung und bürgerlicher Politiker führte schließlich am 14. Februar 1995 zur polizeilichen Räumung der Letten-Szene. Die Bevölkerung konnte aufatmen. Und die Stadtregierung gab wiederum das Versprechen ab, daß man in Zukunft keine offenen Drogenszenen mehr dulden werde.

Im November 1998 erließ der Zürcher Stadtrat seine überarbeiteten "drogenpolitischen Grundsätze" und hielt darin unter anderem fest, daß "auf dem ganzen Stadtgebiet offene Szenen von Suchtmittelkonsumierenden nicht geduldet werden". Das sind wohlklingende Worte. In Tat und Wahrheit haben sich in den letzten vier, fünf Jahren an verschiedenen Orten wieder Szenen gebildet, an denen ungestört Drogen konsumiert und gehandelt werden und in deren Umfeld Kinderprostitution, Raubüberfälle und Messerstecherei an der Tagesordnung sind. Ganze Quartiere im Bereich der Langstrasse drohen zu verslumen und zu verelenden. Herumlungernde Süchtige – in der Schweiz umgangssprachlich-verniedlichend "Drögeler" genannt – und Dealer, verschmutzte Straßen und "versprayte" Hauswände prägen in dieser Gegend das Stadtbild.

Seit einiger Zeit hat die Drogenszene die sogenannte Bäckeranlage, einen der größten und schönsten öffentlichen Pärke, in Beschlag genommen. Anwohner trauten sich nicht mehr in die Anlage. Im Park herrschte das Chaos: Völlig ungestört wurden Drogen gehandelt und konsumiert, zwischen Abfall und Exkrementen kauerten oder lagen mehrere Dutzend halbwache Gestalten herum. Die linke Stadtregierung blieb untätig, obwohl sie von bürgerlichen Politikern wiederholt zum Handeln aufgefordert worden war.

Es bedurfte einmal mehr des Drucks der betroffenen Bevölkerung sowie zweier Mitte März im Kantons- und Gemeinderat eingereichter parlamentarischer Vorstöße der SVP, bis der Stadtrat endlich tätig wurde; am 22. März 2001 wurde die Szene in der Bäckeranlage durch die Polizei endlich geräumt. Die rot-grüne Stadtregierung erklärte auch diesmal vollmundig, daß man in Zukunft auf dem ganzen Stadtgebiet keine offenen Drogenszenen mehr dulden werde. Nun hat in Zürich also die dritte Räumung einer offenen Drogenszene innerhalb von zehn Jahren stattgefunden. Für die Zukunft ist allerdings Skepsis angebracht. Monika Stocker, die grüne Sozialdepartements-Vorsteherin, treibt ihre exzessive Randgruppenverhätschelungs-Politik (Gratiswohnungen für drogensüchtige Prostituierte, Duschgelegenheiten für tschechische Stricher) munter voran.

Die Stadtregierung täte gut daran, sich auf die wichtigste Staatsaufgabe, nämlich die Gewährung von Recht und Ordnung zu konzentrieren und bestehende Gesetzesvorschriften konsequent anzuwenden. Ansonsten wird sich der Niedergang der größten Schweizer Stadt bald als unaufhaltsam erweisen.


 
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