© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/01 06. April 2001

 
Meldungen

FPÖ-Wahlschlappe: Haider für "mehr Herz"

WIEN. Die Wiener Wahlschlappe der FPÖ löste eine Strategiedebatte aus. Nach Ansicht des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider habe die FPÖ zwar "ein exzellentes Regierungsteam", die Partei müsse aber erst lernen, die Botschaften auch an den Wähler zu bringen. Den Sparkurs dürfe man nicht mit "schwachsinnigen Inseraten und Plakaten" verbreiten, sondern man müßte dem Bürger erklären, was man wie und warum mache. Das erfordere, daß die Regierung "mehr Herz in die Politik" einbringen müsse. Der Bürger würde dann Verständnis fürs Sparen aufbringen, wenn er sehe, daß auch in der Verwaltung gespart werde. "Sparmaßnahmen sind unverzichtbar, die Frage ist nur mit welchen Gewichten", erklärte Haider letzte Woche in einer Pressekonferenz. Die Bundesregierung habe sich die falschen Berater geholt. Diese hätten Unsinn produziert: "Die Politiker sollen endlich lernen, selbst Entscheidungen zu treffen, und sich nicht ständig hinter Gutachten verschanzen."

 

Rechtswende bei Christdemokraten

BERN. Adalbert Durrer hat letzte Woche nach 23 Jahren seinen Rücktritt als Präsident der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) erklärt. Der 50jährige Parlamentarier wechselt als Politikberater zur Großbank UBS. Durrers "peinlicher Absprung", so der Berner Bund, legt die Probleme der kleinsten Schweizer Regierungspartei offen. Die CVP erhielt bei den Wahlen in letzten Jahr nur noch 15,9 Prozent. Selbst in der katholischen Innerschweiz wechselten die Wähler zur evangelischen Schweizerischen Volkspartei (SVP, 22,5 Prozent). Der Asyl- und Pro-EU-Kurs Durrers verschreckte die Traditionswähler. Nun gilt die Wiener Kanzlerpartei ÖVP als Vorbild: "Wir haben zu Schüssel einen sehr guten Kontakt", sagte CVP-Sprecher Paul Felber der Wiener Presse. Außerdem will die CVP die kürzlich vom Parlament beschlossene Fristenregelung bei der Abtreibung in einem Referendum zu Fall bringen. Und CVP-Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold stellte sich gar die Frage, wie angesichts einer "ganzen Reihe von Ereignissen im Zusammenhang mit Konflikten im Ausland" die "innere Sicherheit in unserem Land noch optimal gewährleistet werden kann". Sie forderte "den Einbezug in das Dubliner Erstasylabkommen, um auch im Landesinnern aufgegriffene illegal eingereiste Asylbewerber, die bereits in einem EU-Land ein Gesuch eingereicht haben, rasch wieder dorthin zurückbringen zu können".

 

Kollaborateur bleibt weiter unbehelligt

PRESSBURG. Der wegen der Kollaboration mit der Sowjetunion bei der Zerschlagung des Prager Frühlings 1968 angeklagte Ex-KP-Funktionär Vasil Bilak muß sich vorerst nicht vor Gericht verantworten. Der Senat des Kreisgerichts in Preßburg wies letzte Woche die 37seitige Anklageschrift zur "Überarbeitung" an die Staatsanwaltschaft zurück. Dem 83jährigen drohen bis zu 15 Jahre Haft. Bilak selbst weist bis heute jeden Schuldvorwurf von sich: Wenn er heute von Leuten angeklagt werde, die den "Sozialismus 1989 zerstört" hätten, dann sei das "Gesinnungsjustiz". Bilak blieb unter Ex-Premier Vladimír Meciar unangetastet und lebt bis heute in einer noblen Villa in Preßburg.


 
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