© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/01 06. April 2001

 
Tragisches Scheitern
Resümee über die Niederlage der Republikaner
Andreas Mölzer

Mit den Republikanern Rolf Schlierers ist das vorläufig letzte Experiment einer demokratischen Rechtspartei in der Bundesrepublik mißlungen. Immerhin über zwei Legislaturperioden vermochte Schlierer mit seinen Republikanern im Stuttgarter Landtag vorzuexerzieren, daß es in Deutschland rechts der Mitte nicht nur grölende Glatzköpfe und einzelne intellektuelle Desperados gibt.

Schlierer, Mediziner und Anwalt, war und ist alles andere als ein extremistischer Schlagetot. Er ist ein intellektueller Analytiker von bildungsbürgerlichem Zuschnitt und damit weder Volkstribun noch Demagoge. Gewiß ein wertkonservativer Patriot und als einer, der in seiner Burschenschaft sozialisiert wurde, am ehesten vergleichbar mit den Typus des österreichischen Freiheitlichen, der dem klassischen nationalliberalen Lager der Alpenrepublik entstammt. Keineswegs absurd also die immer wieder auch von Schlierer selbst zitierten Parallelen zu den österreichischen Freiheitlichen Jörg Haiders.

Nicht nur aber, daß ihm dessen mediales Charisma nicht zur Verfügung steht, auch das gesellschaftliche Gefüge, auf dem der Erfolg der österreichischen Freiheitlichen wachsen konnte, war für die bundesdeutschen Republikaner schlicht und einfach nicht vorhanden. Österreichs nationalliberales Lager, deutschnational, gutbürgerlich, freisinnig, aber auch revolutionär gegen "die da oben", bot die Basis für den Aufstieg einer erfolgreichen rechtspopulistischen Partei unter Führung eines politischen Tabubrechers, eines Polemikers und Polarisierers. Wenn man im Zuge der Geschichte der Republikaner einen mit Haider hätte vergleichen können, dann höchstens – zwar von der Generation her den Vätern zuzuordnen – Franz Schönhuber, der es an populistischer Strahlkraft und polemischer Formulierungsstärke in seinen besten Jahren, wenn auch ganz anders geartet, durchaus mit Haider hätte aufnehmen können.

Rolf Schlierer hingegen war und ist in so hohem Maße gutbürgerlich, daß die Ausgrenzung seiner Republikaner als rechtsextreme Radautruppe bei näherer Hinterfragung um so grotesker war. Funktioniert hat sie dennoch: Permanente Ausgrenzung, mediales Totschweigen, konsequente Kriminalisierung und natürlich das ausgiebige Schwingen der Faschismuskeule bei jeder sich bietenden Gelegenheit waren die Methoden, mittels derer man die Republikaner bundesweit und schließlich auch als südwestdeutsche Regionalpartei in Baden-Württemberg zu liquidieren vermochte.

Daß dazu nicht nur denBataillonen der political correctness und dem medial-politischen Establishment das Verschulden zugemessen werden kann, sondern sehr wohl auch hausgemachte Fehler seitens der Schlierer-Truppe selbst vorkamen, ist keine Frage. Ohne nunmehr ex post den Bruch Schlierers mit Schönhuber und umgekehrt qualifizieren zu wollen, ohne Schlierers Versuche, sich vom rechten Narrensaum abzugrenzen und die eigene Truppe zu intellektualisieren, leichtfertig abzutun, muß denn doch im nachhinein rein vom Ergebnis her festgestellt werden, daß es ihm und den Seinen an Fortüne mangelte.

Die bösen und widerwärtigen Zeitläufte allein kann man nicht verantwortlich machen. Und auch die Niedertracht des einen oder anderen vormaligen Mitstreiters, die sektiererische Eigenbrötelei des rechten Polit-Personals können nicht alleine schuld sein. Letztlich mangelte es eben an Integrationskraft, an Führungsstärke und Überzeugungsfähigkeit. Die politische Szenerie ist kein Mädchenpensionat, und eine Partei ähnelt mit Sicherheit eher einem Wolfsrudel als der Heerschar der Heiligen. Daß sich im rechten Spektrum mehr Querulanten als Kämpfer, mehr Sektierer als Prinzipienfeste herumtreiben, stimmt natürlich. Allein es würde sicher nichts nützen, das Scheitern der Republikaner in Stuttgart darauf zurückzuführen.

Tatsache ist, daß mit den Republikanern ein ursprünglich sehr erfolgversprechender, auch ein machtvoller Anlauf, rechts der Mitte eine demokratische, patriotische Kraft zu etablieren, gescheitert ist. Tatsache ist, daß damit der Idealismus, die Schaffenskraft und auch die materiellen Mittel Zehntausender Menschen verpufft und letztlich nutzlos vertan sind. Tatsache ist weiter, daß damit eine Hypothek für jeden Neubeginn im selben Spektrum gegeben ist. Und ob jene Kräfte, die nunmehr darangehen werden, im rechten Bereich Parteigründungen zu tätigen, aus den Fehlern der Republikanern lernen werden, muß bezweifelt werden. Gerade der Vergleich mit dem gescheiterten Rolf Schlierer zeigt nämlich, daß einer mit seinen persönlichen und politischen Qualitäten im deutschen Rechts-Spektrum gar nicht so leicht zu finden sein wird.

Auch der ständige Rückgriff auf das österreichische Vorbild und den rot-weiß-roten Volkstribun ist längst keine Erfolgsgarantie für eine künftige bundesdeutsche Rechtspartei. Wäre es bloß daran gelegen, hätte wohl auch Rolf Schlierer reüssieren müssen. Es wird wohl darum gehen, zwar Erfolgsrezepte der FPÖ kritisch zu rezipieren, ohne sie zu kopieren. Vielleicht aber bieten grenzüberschreitende, EU-weite Kooperationsmöglichkeiten künftig auch für die deutsche Rechte neue Möglichkeiten.

 

Andreas Mölzer ist Chefredakteur der Wochenzeitung "Zur Zeit", Kolumnist und Kulturberater des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider (FPÖ).


 
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