© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/01 30. März 2001

 
Glückliche Wahl
Martin Lohmann

Am vergangenen Dienstag unterzeichnete in Kassel der Vereinsvorsitzende des Vereins Deutsche Sprache (VDS), Walter Krämer, zusammen mit dem Kasseler Oberbürgermeister Georg Lewandowski eine Vereinbarung über die Vergabe eines Kulturpreises Deutsche Sprache. Mit dem nach Jacob Grimm benannten Hauptpreis, der mit 70.000 Mark dotiert ist, sollen Leistungen um die Anerkennung, Weiterentwicklung und Pflege der deutschen Sprache in wissenschaftlichen Essays oder Abhandlungen der politischen Rede oder der Publizistik anerkannt werden, durch die das Ansehen der deutschen Sprache außerhalb ihres Sprachgebietes als Fremd- und Kultursprache gefördert wurde.

Weiterhin soll ein mit 10.000 Mark dotierter Initiativpreis Deutsche Sprache an Persönlichkeiten vergeben werden, die in ihrem Wirken ein Vorbild für ein klares, gutes und elegantes Deutsch geben. Ein undotierter Institutionenpreis Deutsche Sprache geht an Einrichtungen oder Firmen, die sich im Alltag um die Verwendung eines klaren und verständlichen Deutsch bemühen. Hier zielt man auf die Unsitte, daß sich in der Wirtschaft, den Medien und in der Werbung zunehmend Anglizismen ("Denglisch") durchsetzen.

Stifter des Preises ist der Bauunternehmer Eberhard Schöck aus Baden-Württemberg. Bereits Ende April wird die Jury die Preisträger bekanntgeben. Die Verleihung selbst soll im Herbst in Kassel erfolgen. Vorschläge, wer den Preis erhalten soll, kann bis zum 15. April jeder einreichen an den Verein Deutsche Sprache e.V., Postfach 10 41 28, 44 041 Dortmund.

Der Verein Deutsche Sprache hat mit Kassel eine glückliche Wahl getroffen. Hier wirkte der Namengeber des Preises, Jacob Grimm (1785–1863), der gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm volkstümliche Erzählungen und Sagen zusammengetragen und überarbeitetet hat, die später als Grimms Märchen weltweit populär wurden. Weniger bekannt sind seine Verdienste um die deutsche Sprache. Kassel war der Ausgangspunkt für seine Bemühungen, die sprachkulturellen Wurzeln des deutschen Volkes zu erkunden. Das Ergebnis seiner Forschungen war die Herausgabe des grundlegenden Werkes der "Deutschen Grammatik". Jacob Grimm betätigte sich aber auch politisch. Er trotzte der fürstlichen Willkürherrschaft (Protest der "Göttinger Sieben" von 1837) und engagierte sich für die Schaffung eines deutschen Nationalstaates. 1848 wurde er Abgeordneter im Frankfurter Paulskirchenparlament, das er aber enttäuscht ein Jahr später verließ, um sich weiter seinen Sprachforschungen sowie der Erstellung eines "Deutschen Wörterbuch" zu widmen.


 
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