© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/01 30. März 2001

 
Kolumne
Risiko Trittin
von Heinrich Lummer

Trittin ist ein Risiko. So sprach der Kanzler, und der muß es wissen. Nehmen wir ihn beim Wort. Wie geht der Mensch mit einem Risiko um? Der Spieler, der viel gewinnen will, geht hohe Risiken ein. Er muß auch bereit sein, viel zu verlieren. Er trägt die Risiken der Chancen wegen. Aber nun bringt der grüne Umweltminister Jürgen Trittin keine Gewinnchance mehr. Und ein Joker war er nie. Manche meinen, er habe die Studentenvertretung an der Universität Göttingen, wo er in den siebziger Jahren studierte, geistig nie verlassen. Jetzt heißt es: Rien ne va plus – nichts geht mehr mit Trittin. Warum also mit ihm spielen, wenn er ein Risiko ohne Chancen ist?

Der normale Bürger, der zu umsichtig ist, alles aufs Spiel zu setzen, läßt sich gegen Risiken versichern. Aber nach all den Tritten ins Fettnäpfchen oder auf Tretminen würde sich kaum eine Gesellschaft finden, die ein solches Risiko versichert. Bleibt schließlich noch die Möglichkeit, daß Trittin für den Kanzler ein unvermeidbares Risiko darstellt.

Das mag lange so gewesen sein. Er hat den linken Flügel der Grünen gebunden. Er war der Freund gewaltbereiter Anti-Atom-Demonstranten und Castor-Verhinderer. Auch das ist nun vorbei. Trittin ist zum Befürworter von Castor-Transporten mutiert. Für die Bindung der Linken ist er nicht mehr zu gebrauchen. Und auch sonst scheinen die Zeiten vorbei zu sein, da die Grünen des Kommunistenfreundes Trittin bedurften. Wenn aber Trittin zu einem vermeidbaren Risiko geworden ist, dann sollten seine Tage gezählt sein.

Vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am vergangenen Sonntag war die Rede davon, einen weiteren Fehltritt dürfe er sich nicht leisten. Das Faß sei eben voll. Wenn er nun aber ohne weitere Fehltritte Schaden bringt, was dann? Natürlich ist jede Wahlanalyse immer ein Stück Spekulation. Zu verflochten erscheinen die Ursachen. Daß aber die von Trittin losgelöste Debatte über Patriotismus und Stolz den Grünen nicht genützt hat, steht außer Frage. Und das sollte reichen.

Wenn man den Grünen wünscht, aus der politischen Landschaft zu verschwinden, dann sollte man hoffen, daß Trittin noch einige Zeit im Kabinettsrang verbleibt und sich von der eigenen Partei keinen Maulkorb anlegen läßt . Wenn der Kanzler an Risikobegrenzung interessiert wäre, dann sollte er den Minister bitten zurückzutreten. Wenn der aber nicht will, dann sollte man dem Kanzler raten: Tritt ihn zurück.

 

Heinrich Lummer, Berliner Bürgermeister und Innensenator a.D., war bis 1998 Bundestagsabgeordneter der CDU.


 
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