© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/01 09. März 2001

 
Allen Widerständen zum Trotz
Baden-Württemberg: Republikaner kämpfen um Wiedereinzug in den Landtag / Familienpolitik und Zuwanderung stehen im Mittelpunkt des Wahlprogramms
Thorsten Thaler

Der Verleger des Schwarzwälder Boten sah sich zu einigen klarstellenden Worten veranlaßt. "Mit unserer Festlegung, den Republikanern kein publizistisches Forum zubieten", schrieb Richard Rebmann einem aufgebrachten Leser, "befinden wir uns im übrigen im Konsens mit praktisch allen Medien des Landes, egal ob im Print-Bereich oder bei den elektronischen Anbietern." Deshalb verzichte der Schwarzwälder Bote auch auf Anzeigen der Republikaner. Der Leser hatte sich beschwert, daß bei einer von der regionalen Tageszeitung veranstalteten Gesprächsrunde zur Landtagswahl am 25. März kein Vertreter der Republikaner eingeladen war. In seinem Antwortschreiben, das der JUNGEN FREIHEIT vorliegt, weist Rebmann darauf hin, daß die anderen im Landtag vertretenen Parteien nicht bereit seien, an Gesprächsrunden mit Republikanern teilzunehmen, "weil sie eben Vertretern dieser Partei kein entsprechendes Forum bieten möchten".

Der Brief wirft ein grelles Licht auf die Schwierigkeiten, mit denen die seit 1992 im Stuttgarter Landtag vertretenen Republikaner in diesem Wahlkampf konfrontiert sind. Zwar habe sich insgesamt die Medienpräsenz der Partei gegenüber den Wochen vor der letzten Landtagswahl leicht verbessert, räumt Pressesprecher Klaus-Dieter Motzke auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT ein. "Das Interesse ist schon vorhanden, aber vor allem im badischen Landesteil haben wir noch immer Probleme ", sagt Motzke.

Immerhin hat der Spitzenkandidat der Republikaner, Rolf Schlierer, eine Einladung für Donnerstag dieser Woche zu einer Podiumsdiskussion der Stuttgarter Nachrichten mit Vertretern von CDU, FDP und Grünen erhalten. Und auch an einer "Elefantenrunde" des Südwestrundfunks (SWR) mit den Spitzenkandidaten der im Landtag vertretenen Parteien am 22. März wird Schlierer teilnehmen.

Zu kämpfen haben die Republikaner auch mit politisch motivierten Gewalttaten. Die Aktionen mutmaßlich linksradikaler Täter richten sich gegen Infostände, Veranstaltungen und Werbeplakate der Partei, klagt Dieter Lieberwirth, Mitglied im Stuttgarter Gemeinderat. In den vergangenen zwei Wochen seien mehr als 20 Strafanzeigen wegen Sachbeschädigungen an Großplakaten erstattet worden, die Aufklärungsquote der Polizei liege bei Null, so der Stadtrat.

Besonders betroffen von den Gewaltaktionen ist neben der Landeshauptstadt auch der Landkreis Ludwigsburg, in dem Fraktionschef Schlierer kandidiert. Nach einer Informationsveranstaltung in einer Gaststätte in Rielingshausen wurde das Lokal mit linksradikalen Parolen beschmiert. Außerem seien mehrere Scheiben eingeworfen worden, um die ausländischen Pächter einzuschüchtern, teilte die Partei mit. Ebenfalls mit Parolen beschmiert wurde Tage später ein Lokal in Markgröningen; in Besigheim und anderen Orten im Schlierer-Wahlkreis wurden Parteiplakate beschädigt. "Wir werden dem linken Terror nicht weichen. Dieser Aufstand der Unanständigen besorgt sich seine Legitimation bei jenen, die für die Kampagne gegen Rechts verantwortlich sind", kommentierte Schlierer die linke Gewaltzunahme.

Allen Widrigkeiten zum Trotz gehen die Republikaner zwei Wochen vor der Landtagswahl optimistisch in die Schlußphase des Wahlkampfes. Letzte Meinungsumfragen sehen sie bei fünf Prozent, die SWR-Wahlbörse im Internet notierte die Rechtspartei am Dienstag bei 8,3 Prozent. Unter dem Motto "Mit Löwenkraft für unser Land" wollen sie zum dritten Mal in den Landtag einziehen. Das kürzlich verabschiedete Wahlprogramm enthält Vorschläge zur Familien- und Zuwanderungspolitik, zur Leitkultur, zur Reform der sozialen Sicherungssysteme und zur Europapolitik. In der Präambel ist von einem "Vertrag mit dem Bürger" die Rede.

Das Wahlkampfkonzept, das mit Unterstützung von österreichischen Werbeprofis entwickelt wurde, sieht einen Verzicht auf die Protestwirkung negativer Aussagen vor. Mit einer "Tour de Rep", die seit fünf Wochen als Fahrzeugkonvoi durch alle Wahlkreise in Baden-Württemberg fährt, will die Partei ihre Präsenz vor allem auch in strukturell schwachen Gebieten verstärken.

In der Familienpolitik soll mit der Einführung eines Familiengeldes eine Wende eingeleitet werden. Die Republikaner wollen erreichen, daß die Erziehungsarbeit angemessen honoriert wird. Der Staat solle deutlich machen, daß Kinder für die Gesellschaft von existentieller Bedeutung sind. Diese Überzeugung müsse sich in entsprechenden staatlichen Investitionen niederschlagen.

"Leitkultur" bedeutet für die Republikaner die Vergewisserung über das, was heute deutsch ist. Dabei gehe es auch um die Rettung des Begriffs "Leitkultur", der nicht die Selbsterhöhung der Deutschen über andere Völker ausdrücken solle. Ausdrücklich wird in dem Programm jedoch die Forderung nach verbindlichen Werten und nach Einordnung und Anpassung von Zuwanderern erhoben. Diese Forderungen dürften nicht als Deutschtümelei denunziert werden. Wer dies dennoch tue, wolle sich von einer auf christlich-abendländischen Werten beruhenden deutschen Gesellschaft zugunsten eines multikulturellen Experiments verabschieden.

Von Zuwanderung betroffen sind aus Sicht der Republikaner auch die "sozialen Sicherungssysteme". Grenzenlose Solidarität zerstöre die Grundlagen der Finanzierung der Sozialkassen. Es könne nicht sein, daß jeder Ausländer, der deutschen Boden betritt, sofort Ansprüche auf staatliche Leistungen erhalte. Wohin diese Entwicklung führe, zeige der ständig wachsende Anteil von Sozialhilfeempfängern unter jungen nicht-integrierten Ausländern. Dieser Entwicklung müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Zuwanderungsanreize sollten Schritt für Schritt abgebaut werden.

An der Politik der Europäischen Union kritisieren die Republikaner den immer weitergehenden Verzicht auf nationale Kompetenzen, der auf eine schleichende Selbstentmündigung hinauslaufe. Sie plädieren für ein "Europa der Vaterländer" und gegen einen allmächtigen bürokratischen Apparat, wie er in Brüssel immer mehr Gestalt annehme. Durch die Anmaßungen aus Brüssel sei auch die Landespolitik betroffen, deren Kompetenzen durch die EU mehr und mehr entkernt werde. Dagegen beharren die Republikaner auf dem Prinzip der Subsidiarität: Was im Land geklärt werden könne, solle auch dort geklärt werden.


 
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