© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/01 09. März 2001


Humane Terroristen
von Tobias Wimbauer

In Berlin stellte der vormalige Terroristen-Anwalt und wegen illegaler Unterstützung seiner inhaftierten Mandanten aus der Roten Armee Frakion (RAF) zu zehn Monaten auf Bewährung verurteilte Hans-Christian Ströbele ein Buch über den 1974 im Hungerstreik gestorbenen Terroristen Holger Meins vor. Und weil auch Ströbele, der heute für die Grünen im Bundestag sitzt, in der derzeitigen Debatte um die Sechziger- und Siebziger-Jahre-Krawalle in die Diskussion geraten ist, distanzierte er sich "vorsorglich von allem", weil auch er in dem Buch in Erscheinung trete.

Man möchte gar nicht wissen, welche Motivation Ströbele dazu bewogen hatte, denn nun wurde es rosarot in den Himmeln der Geschichtsklitterung. Der Grünen-Politiker monierte, daß sich die Debatte um die Frage der Gewalt drehe, nicht aber um das, "wofür wir damals auf die Straße gegangen sind". Allen Ernstes behauptete Ströbele: "Die Mitglieder der RAF sind keine Ungeheuer voller krimineller Energien gewesen, sondern Menschen mit sehr starkem humanistischem Engagement, die versucht haben, zunächst andere Wege zu gehen und mit der Gesellschaft zu kommunizieren". Anders und zugespitzt ausgedrückt: Wo Nächstenliebe gehobelt wird, dürfen Menschen kaltblütig ermordet werden. Bleibt nur die Frage, warum die barmherzigen Samariter mit der Kalaschnikow im Arm, die verkannten Philanthropie-Prediger und Untergrunds-Missionare nicht allesamt den Friedensnobelpreis erhalten haben.


 
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