© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/01 23. Februar 2001

 
Meldungen

Deutsche finanzierten Ausbeutung Amerikas

JENA. Deutsche Kaufleute und Bankiers haben nach einer Studie die Eroberung Lateinamerikas seit dem 16. Jahrhundert kräftig mitfinanziert. Handelsmagnaten und Bankhäuser wie die Augsburger Fugger und Welser hätten für die spanische Krone Schiffsexpeditionen finanziert und sich dafür weit gehende Rechte zur wirtschaftlichen Ausbeutung der Neuen Welt einräumen lassen, berichtete der Jenaer Wirtschafts- und Sozialhistoriker Rolf Walter. Passend zur moralisierenden Umschreibung der Weltgeschichte publizierte Walter eine Auswahl entsprechender Vereinbarungen und Verträge. Die mehr als 1.000 Dokumente belegen ein weit verzweigtes Beziehungsgeflecht zwischen einer Gruppe international operierender Finanzmagnaten und dem spanischen Herrscherhaus. In einen System von Verträgen und Unterverträgen wurden die Rechte und Pflichten der beteiligten Partner genauestens dokumentiert. Minutiös halten diese Kontrakte fest, wo in der Neuen Welt Niederlassungen und Faktoreien zu gründen wären oder welche Fachkräfte die Ausbeutung der vermuteten Reichtümer betreiben sollten. Die Dokumente zeigen, daß auch zahlreiche Bergleute nach Mittel- und Südamerika verschifft wurden, die den Hunger der Handelsherren nach Gold und Silber stillen sollten. Wirtschaftlich gesehen habe sich das Millionen verschlingende Engagement oberdeutscher und italienischer Financiers aber als Desaster erwiesen. Das habe an den hohen Risiken der Expeditionen, aber auch an der Prunksucht und mangelnden Zahlungsmoral des spanischen Königshauses gelegen. Vor allem König Philipp II. habe es verstanden, die fremden Geldgeber allmählich aus dem Lateinamerika-Geschäft zu verdrängen.

 

Deserteur als Leitfigur für Militärhistoriker

BERLIN. Wer den in Kopenhagen lehrenden Soziologen Henning Eichberg einmal außerhalb des für regionale und kulturelle Autonomie fechtenden Periodicums wir selbst vernehmen möchte, kann jetzt im Organ zur Erforschung des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit, der seit 1974 bei Duncker&Humblot erscheinenden Zeitschrift für historische Forschung (Heft 3/00) die Resultate seiner Untersuchung über "Desertion zwischen Individualisierung, Zivilgesellschaft, Macht und Markt" zur Kenntnis nehmen. Das Modethema "Fahnenflucht" behandelt Eichberg hier aus historisierender Distanz. Über ein engeres Erkenntnisinteresse des Fachhistorikers hinaus verspricht Eichberg anhand des Deserteurs eine neue Form der Sozialgeschichte des Militärs, die – da aus der Perspektive des "Verweigerers" geschrieben" – sich hinsichtlich der militärischen Struktur nicht "affirmativ" verhalte.

 

Politischer Rahmen für geistige Freiheit

FREIBURG.Rechtzeitig zum Preußen-Jubiläum befaßt sich in Saeculum (Heft 2/00), dem "Jahrbuch für Universalgeschichte", der in Münster lehrende Kirchenhistoriker Wolf-Dieter Hauschildt mit "Religion und Politik bei Friedrich dem Großen". Im 18. Jahrhundert habe der Abschied vom Christentum in seiner traditionellen Form als einer die Gesellschaft prägenden Kraft begonnen und der große Preußenkönig stehe als prominente Gestalt am Beginn dieses Ablösungsprozesses. Hauschildt meint, daß Friedrich, der keinen Sinn für die Eigenart des christlichen Glaubens besaß, mit seiner toleranten Religionspolitik ein zentrales evangelisches Anliegen durchsetzte. Gleichwohl habe er wegen seiner konsequenten Überordnung der Politik über die Religion die evangelische Kirche insgesamt nicht gefördert. Ungeachtet dessen habe der freigeistige Herrscher aber die "politischen Rahmenbedingungen sowie durch die kulturelle Atmosphäre in seinem Staat die individuelle Geistesfreiheit blühen lassen".


 
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