© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    08/01 16. Februar 2001

 
Meldungen

Dänischer Historiker zum Vertreibungs-Tabu

ARHUS. In der eher links stehenden Zeitung Politiken (Ausgabe vom 13. Januar 2001) hat der an der dänischen Universität Arhus lehrende Historiker David Gress, der sich mit Veröffentlichungen zur westeuropäischen Geschichte seit 1945 einen Namen gemacht hat, ausführlich über ein deutsches Tabuthema geschrieben: die Vertreibung aus den Ostprovinzen des Deutschen Reiches. Merkwürdig sei, so Gress, das "neurotische Schweigen", das nicht nur in den Vertreiberstaaten sondern auch in Deutschland herrsche. Linke und Rechte wiederholten immer noch die Kollektivschuldthese, wonach die mehr als zwei Millionen Opfer an ihrem Tod selbst schuld gewesen seien. Diese These spiegele aber immer noch "eine nazistische Logik" wider, wie sie einer demokratischen Gesellschaft unwürdig sei.

 

Kürzung der Mittel trifft Landeshistoriker schwer

KIEL. Die rot-grüne Kieler Landesregierung hat beschlossen, dem alteingesessenen Verein zur Pflege und Landeskunde in Schleswig-Holstein und Hamburg die ab 2001 die Fördermittel von bislang jährlichen 10.000 Mark zu streichen. Der Verein, ein Sammelbecken der Regionalhistoriker, Naturforscher und Umweltschützer nördlich der Elbe, besteht seit über hundert Jahren und gibt die einzige landesweit, zweimonatlich erscheinende wissenschaftliche Zeitschrift (Die Heimat) zwischen den Meeren heraus. Bedingt auch durch den Überalterungsprozeß in der Mitgliederschaft, der seit Jahren für sinkende Abonenntenzahlen sorgt, gerät die Zeitschrift durch die Kieler Entscheidung nun in die Zone akuter Gefährdung.

 

Fordern globale Gefahren den Weltstaat?

BERLIN. Die Internationale Politik (Heft 12/00), das Organ der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, widmet eine ganze Ausgabe den "Globalen Gefahren". Dazu zählen die Beiträger die Bevölkerungsexplosion (parallel zur demographischen "Implosion" in den Industriestaaten), das Fortbestehen chronischer Unterernährung (trotz mittlerweile beherrschbar gewordener akuter Hungerkrisen), die drohenden Konflikte im Handel mit gentechnisch veränderten Organismen und den nicht auszuschließenden "Kampf um das Wasser" als "Kriegsursache der kommenden Generation". Reichlich verschwommen entwerfen Andreas Hasenclever und Volker Rittberger dagegen die Grundzüge einer "Weltregierung", die den globalen Risiken begegnen solle, während Hans-Joachim Schellnhuber und Frank Biermann für eine "ökologische Weltordnungspolitik" plädieren.

 

EU: Delors will Antwort auf Globalisierung

BONN. Jacques Delors, ehemaliger Präsident der EU-Kommis-sion, meint, das die Europäische Union als "einzigartige Kombination aus zwischenstaatlicher Zusammenarbeit und supranationaler Souveränität eine pragmatische Antwort auf die Globalisierung geben könne. Nur verlange die Ost-Erweiterung eine "Avantgarde" von Mitgliedstaaten, die eine "Föderation" bilden müßten. Wohl als Gegengewicht zum sich von West nach Ost ausformenden Gefälle der "sozialen Desintegra-tion", das Politologen in der von Delors Visionen eingeleiteten Zeitschrift Internationale Politik und Gesellschaft (1/2001) ebenso prophezeien wie eine innereuropäische Polarisierung.


 
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