© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    08/01 16. Februar 2001

 
Eckart Werthebach
Die Sprache schützen
von Thorsten Thaler

Selten hat Berlins Innensenator Eckart Werthebach ein derartiges Echo ausgelöst wie mit seinen Überlegungen zum Schutz der deutschen Sprache vor Überfremdung. Die Forderung des CDU-Politikers nach einer gesetzlichen Handhabe, mit der insbesondere die sich ausbreitenden Anglizismen zurückgedrängt werden könnten, hat eine Lawine ins Rollen gebracht, die inzwischen Politiker aller Parteien erfaßt hat und ihren Niederschlag in einer Vielzahl von teils zustimmenden, teils verständnislosen Leitartikeln und Kommentaren findet. "Wenn Deutschland zurecht von Zuwanderern erwartet, die deutsche Sprache zu lernen, tut es gut daran, die eigene Sprache zu pflegen, zu erhalten und aus sich selbst heraus weiterzuentwickeln", hatte Werthebach im Zuge der Leitkultur- und Einwanderungsdebatte in einem Zeitungsbeitrag geschrieben. Die deutsche Sprache sei nicht nur Verständigungsmittel, sondern vor allem auch Trägerin der deutschen Kultur, begründete er die Notwendigkeit einer größeren Beachtung der Sprache durch den Staat. Als Vorbild dienen dem Innensenator entsprechende Sprachschutzgesetze in Frankreich und Polen.

Die Aufregung, die sein Vorstoß auslöste, muß Werthebach überrascht haben. Der liberale Konservative, der am 17. Februar seinen 61. Geburtstag feiert, gilt von Typus und beruflichem Werdegang her eher als steifer Verwaltungsbeamter denn als streitbarer Politiker. Trotzdem mußte sich der promovierte Jurist, der nach einer 20jährigen Beamtenlaufbahn im Bundesinnenministerium von 1991 bis 1995 Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz und danach bis 1998 Staatssekretär wiederum im Innenministerium war, den Vorwurf des Sprachchauvinismus und der Deutsch-tümelei gefallen lassen. Apologeten der "Einen Welt" wie Kulturstaatsminister Nida-Rümelin warnten, wer gegen Englisch als Weltsprache opponiere, behindere den globalen Austausch.

In diesen Tagen nun sind zahlreiche Trittbrettfahrer auf den fahrenden Zug aufgesprungen, von Bundestagspräsident Thierse (SPD) über FDP-Chef Gerhardt bis zu Unionspolitikern wie dem rheinland-pfälzischen Landeschef Böhr, der mitten im Wahlkampf steht. Daß allerdings ausgerechnet Bayerns Kunst- und Wissenschaftsminister Zehetmair in der Sprache einen Wert sieht, der erhalten werden sollte, zeigt die Ernsthaftigkeit der Diskussion. Der CSU-Politiker war maßgeblich an der Einführung der Rechtschreibreform beteiligt, mit der schon der Einheit der geschriebenen Sprache irreparabler Schaden zugefügt wurde.

Werthebach hingegen scheint ernsthaft um den Fortbestand der deutschen Sprache besorgt, wenn er daran erinnert, daß Deutsch noch vor drei Generationen eine bedeutende Wissenschaftssprache war, heute aber in Deutschland Kongresse stattfinden, auf denen nicht mehr deutsch gesprochen wird. "Wenn hier nicht gesetzlich gegengesteuert wird, werden wir Deutsch bald nur noch am Frühstückstisch sprechen."


 
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