© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    06/01 02. Februar 2001

 
"Der Verlag übt politische Zensur aus"
Bettina Röhl wehrt sich gegen die Kündigung ihres Buchvertrages mit dem Verlag Kiepenheuer & Witsch
Andreas M. Daniel

Die Publizistin Bettina Röhl will die Kündigung ihres Vertrages mit dem Kölner Verlag Kiepenheue r& Witsch nicht widerspruchslos hinnehmen. Die Kündigung sei nicht rechtens, sagte die Tochter von Ulrike Meinhof der Nachrichtenagentur dpa. Und: "Der Verlag übt politische Zensur aus." Kiepenheuer & Witsch wollte in diesem Frühjahr das Röhl-Buch "Sag mir, wo Du stehst" herausbringen, kündigte aber Mitte Januar den Verlagsvertrag mit der 38jährigen Autorin (die JF 4/01 berichtete). Zur Begründung hieß es, Kiepenheuer & Witsch könne es nicht hinnehmen, daß Frau Röhl einen "öffentlichen Vernichtungsfeldzug" gegen einen anderen Autor des Verlages führe. Gemeint war Außenminister Joseph Fischer, gegen den Bettina Röhl "mit allen ihr zur Verfügung stehenden, auch unseriösen Mitteln" eine Kampagne führe. Frau Röhl hatte mit zumindest fragwürdigen Methoden für die Veröffentlichung von Fotos gesorgt, die Fischer 1973 beim Verprügeln eines Polizisten zeigen.

In dem Agenturgespräch verwahrte sich Bettina Röhl jetzt gegen die "unglaubliche Rufmordkampagne" und "Herabsetzungsorgie" der Medien gegen ihre Person; sie werde als Tochter einer Terroristin in Sippenhaft genommen. Frau Röhl betonte, sie sei eine sorgfältige Rechercheurin, die einen Politiker mit Fakten, Fotos und Filmmaterial angreife, die 27 Jahre in Archiven geruht hätten. "Ich halte mich an die Fakten, bin keiner Ideologie verhaftet und habe eine ordentliche journalistische Arbeit geleistet", sagte sie. Sie habe keinen Menschen bestochen, keine Materialien gestohlen und keine Fotos ohne Lizenzvertrag veröffentlicht. Das fragliche Filmmaterial habe sie offiziell beim NDR ausgeliehen.

Nach Ansicht Bettina Röhls ist es legitim, daß jemand über rechtsrelevante Tatsachen schreibt, selbst wenn der Betroffene Autor desselben Verlages sei. Von Kiepenheuer & Witsch lag bis Dienstag abend keine Stellungnahme vor.


 
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