© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    06/01 02. Februar 2001

 
Wulf von Schimmelmann
Politische Hygiene
von Alexander Schmidt

Kann die Wirtschaft von der Politik lernen? Wenn ja, dann sicherlich einzig im Bereich des persönlichen Marketings, Voraussetzung des Berufspolitikers zur Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes. Wenn es möglich ist, als Abgeordneter seine Popularität durch das rechtzeitige Aufstehen – nämlich dann, wenn alle anderen Anständigen auch aufstehen – zu steigern, muß dies auch auf andere Lebensbereiche übertragbar sein.

Offenbar soll auch der defizitäre Kurs der Deutschen Postbank nach der Neubesetzung des Vorstandes mit ähnlichen Mitteln gestoppt werden. Daran zumindest erinnerten die Ankündigungen des neuen Vorstandsvorsitzenden Wulf von Schimmelmann im Sommer des vergangenen Jahres, die Konten "rechtsradikaler Organisationen" künftig zu schließen. "Wir sehen unsere Entscheidung (...) als Akt der politischen Hygiene und Festigung der Demokratie in Deutschland", heißt es in der Begründung aus der Chefetage. Werden moralische Gründe allerdings so hervorgehoben, stellt sich die Frage, ob dies tatsächlich die einzigen Gründe sein können, oder ob nicht das Profil einer antifaschistischen Bank zu den so dringend benötigten Neukunden führen soll.

Von Schimmelmann, bekannt als EDV- und Organisationsexperte, löste seine beiden Vorgänger Boening und Sperbel mehr als zwei Jahre vor deren Vertragsende ab. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Kundengeschäft den Tiefpunkt erreicht, das durch den neuen Vorstandschef mit Erfahrung im Privatkunden- und Systemgeschäft aus der Talsohle geführt werden sollte. Der promovierte Ökonom von Schimmelmann, Honorarprofessor der Universität Konstanz, lernte seine ersten Schritte auf dem Parkett der Wirtschaft bei der berühmten Unternehmensberatung McKinsey und war später als Unternehmensberater für Banken international tätig.

Ganz fremd ist ihm die Arbeit in Vorständen und kundengerechtes Marketing nicht. Bereits 1978 gehörte er dem Vorstand der Landesgirokasse in Stuttgart an und verantwortete die Bereiche Marketing und Privatkundengeschäft. Sein Wechsel 1984 zur DG Bank in Frankfurt führte auch zu der Veränderung der Aufgaben, vom Marketing sog es ihn hier zum Zahlungsverkehr und Privatkundengeschäft. Nur fünf Jahre später leitete Schimmelmann, inzwischen bei der BHF-Bank, das Investmentbanking, den Zahlungsverkehr und das Kartengeschäft, bis er 1997 als Geschäftsführender Gesellschafter die Beteiligungsgesellschaft Regius GmbH & Co. KG übernahm.

Sein Ziel ist es, das riesige Filialnetz der Deutschen Post zu nutzen und so die mittlerweile ein Jahrzehnt zurückliegende Trennung von dem Mutterunternehmen zu überwinden, um aus der breiten Masse der Postkunden einen neuen Kundestamm für die eigene Bank aufzubauen. Das bereits angekündigte Engagement gegen "Rechts" ist sicherlich Teil dieser Marketingkampagne, der jetzt auch die JUNGE FREIHEIT zum Opfer fiel.


 
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