© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    05/01 26. Januar 2001

 
Hinter den Kulissen
Julia Poser

Die achtzigjährige Ilse Elisa Zellermayer erzählt in ihrem Buch nicht nur in amüsanter Weise über ihre Tätigkeit als Agentin der berühmtesten Opernsänger, sondern gibt zugleich eine lebendige Schilderung der Berliner Vor- und Nachkriegszeit. Als Tochter eines Hotelbesitzers am Steinplatz lernt sie früh und unbefangen die Größen der Musikwelt kennen. Beniamino Gigli lädt den Backfisch zum Abendessen ins väterliche Hotel, und mit dem ganz jungen Yehudi Menuhin spielt sie nachmittags Pingpong. Am Abend begeistert das Wunderkind das Berliner Publikum mit Beethovens Violinenkonzert unter Furtwängler.

Ilse Zellermayer wäre selbst gerne Sängerin geworden. Zum Unterricht reist sie nach Mailand und trifft auf einer Party ein paar junge Sänger, die sie bitten, doch etwas für sie in Deutschland zu tun. Das war 1963, und die Liste derer, die sich ihr anvertrauen, ist heute hochkarätig: Luciano Pavarotti, Mirella Freni, Renata Scotto, die Cossotto, Luigi Alva und noch einige spätere Berühmtheiten, die sie dank ihrer Beziehungen alle vermitteln kann.

Was und wie sie über ihre Schützlinge schreibt, über ihre kleinen Schwächen und ihre Qualitäten, das ist so spritzig, aber auch bewegend, daß man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen mag. Für "ihre" Sänger setzt sie sich tatkräftig ein. Schmunzelnd liest man, daß sie für Pavarotti eine Spezialbadewannenanprobe organisiert und sogar Unterwäsche – vermutlich Größe XXXL – für ihn kauft. Natürlich hat sie mit Sängern auch manche Enttäuschungen erlebt; befremdlich fand sie, daß Placido Domingo nur unter der Bedingung zu ihrer Agentur kommen wollte, wenn diese nicht mehr für Pavarotti arbeiten würde. "Er oder ich", beharrte Domingo – ohne Erfolg. Jetzt verklagte er sogar die Agentin wegen ihrer Behauptung, er brächte kein einwandfreies "Hohes C" mehr zustande.

Wer sind nun ihre "Drei Tenöre und ein Sopran"? Da ist zum ersten Pavarotti, dann der wunderbare Franco Corelli und ihr Liebling Gianni Raiondi. Unter den Sopranen schätzt sie Hirella Freni und Anna Woffo am höchsten. Frau Zellermayer nimmt aber gelegentlich auch kein Blatt vor den Mund. Hart geht sie mit eitlen Regisseuren ins Gericht, denen die Oper vor allem dazu dient, ihr künstlerisches Ego zu befriedigen.Wer die Oper und ihre Sänger liebt und einmal einen Blick hinter die Kulissen werfen will, wird dieses spannende Buch verschlingen.

Ilse Elisa Zellermayer: Drei Tenöre und ein Sopran. Henschel Verlag, Berlin 2000, 288 Seiten, 74 Fotos, 44 Mark


 
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