© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    05/01 26. Januar 2001

 
Postbank kündigt Konto der JF
In den Ruin treiben
Dieter Stein

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sehen derzeit keine ausreichende Grundlage für eine Geschäftsbeziehung. Daher werden wir die bei uns bestehende Geschäftsverbindung entsprechend Nr. 19 Abs. 1 der AGB Postbank fristgemäß zum 08.04.2001 kündigen. Ihr ... Postbank-Geschäftskonto wird zu diesem Termin geschlossen. Wir bitten Sie, diesen Termin bei Ihren künftigen Dispositionen zu berücksichtigen und um Angabe einer Bankverbindung zur Überweisung des Restguthabens. Mit freundlichen Grüßen, Ihre Postbank".

Über die Sachbearbeiterinnen Jennifer K. und Carola Z. ("GK-Service") läßt die Postbank dem Verlag der JUNGEN FREIHEIT in lakonischen sieben Zeilen mitteilen, daß 15 Jahre Geschäftsbeziehung perdu sind. Ohne Vorwarnung. Ohne Möglichkeit zur Stellungnahme. Ein bürokratischer, anonymer Apparat hat sich in Bewegung gesetzt. Ächzend arbeiten die Mühlen der mit zehn Millionen Kunden größten Privatkundenbank mit dem "dichtesten Filialnetz" (Eigendarstellung) offenbar eine schwarze Liste politisch unkorrekter Kunden ab. Auf dieser langen Liste, zusammengestellt von namenlosen Denunzianten, findet sich unter dem Buchstaben "J" die JUNGE FREIHEIT.

Erst dem Nachrichtenmagazin Focus gegenüber läßt ein Unternehmenssprecher namens Joachim Strunk eine Begründung für die Kontenkündigung verlauten: Die Postbank möchte mit "extremen Organisationen keine Kundenbeziehungen".

Die JUNGE FREIHEIT eine "extreme Organisation"? So schrieb erst kürzlich der langjährige Bundespostminister Christian Schwarz-Schilling für die "extreme Organisation" JUNGE FREIHEIT.

Fassungslosigkeit wechselt mit ohnmächtiger Wut. Ein mittelbar staatliches Unternehmen wie die Postbank wagt es, sich in die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit einzumischen, indem sie die wirtschaftliche Unabhängigkeit eines ohnehin nicht großen Zeitungsverlages wie der JF gefährdet. Die Kündigung des Hauptgeschäftskontos ist kein Pappenstil. Nach dem Brandanschlag auf unsere Weimarer Druckerei im Herbst 1994, bei dem ein Sachschaden von 1,5 Millionen Mark entstand, ist die Kontenkündigung einer der existenzbedrohendsten Angriffe gegen die JUNGE FREIHEIT.

Wir werden uns gegen diese anmaßende, arrogante Gängelung einer unbequemen Zeitung zur Wehr setzen. Die Postbank wird politisch instrumentalisiert von parteipolitischen Kräften, die legal gegen uns nichts mehr ausrichten können.

In solchen Stunden ist in Deutschland Solidarität Mangelware. Es ist deshalb ehrenhaft, wenn der Vorsitzende des Journalisten-Verbandes Berlin (JVB), Alexander Kulpok, scharfe Kritik am Vorgehen der Postbank übte und die Kontenkündigung gegenüber Focus als "Angriff auf die Pressefreiheit" wertete. Kulpok weiter: "Eine Bank kann kein Medienunternehmen in den Ruin treiben, nur weil ihr dessen politische Richtung nicht paßt." Die JF klagt gegen die Postbank. Bitte unterstützen Sie uns bei diesem existenziellen Prozeß.


 
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