© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    03/01 12. Januar 2001

 
WIRTSCHAFT
Russisches Pokern um Schuldenrückzahlung
Bernd-Thomas Ramb

Noch nie ging es dem postsozialistischen Rußland so gut wie heute. Dank der hohen Ölpreise und einer Exportsteigerung um 15 Prozent, dank weiterhin hoher Gas- und anderer Rohstoffexporte wurde im letzten Jahr ein Handelsüberschuß von 130 Milliarden Mark erwirtschaftet. Dabei spielt gerade Deutschland als wichtigster Handelspartner eine herausragende Außenhandelsrolle. Um 80 Prozent stieg der russische Export nach Deutschland, während sich der deutsche Import nur um 30 Prozent erhöhte. Die russische Zentralbank verfügt über Devisenreserven im Werte von gut 60 Milliarden Mark. Es wäre somit eine Kleinigkeit, die etwa 40 Milliarden Mark zurückzuzahlen, die Rußland den Deutschen schuldet. Natürlich stehen die Russen auch bei anderen Ländern in der Kreide. Aber selbst die Rückzahlung der gesamten Auslandsschulden in Höhe von 100 Milliarden Mark scheint jetzt möglich.

Nun verlangt kein Land, daß Rußland, auch wenn es dazu in der Lage wäre, seine Schulden auf einen Schlag begleicht. Aber wenigstens die vereinbarten Teilbeträge und die Zinszahlungen sollten doch fließen. Dazu stehen genügend Devisen zur Verfügung, zumal Rußland in den beiden zurückliegenden Jahren die Zahlungen erlassen waren. Doch die russische Regierung mauert bei der vertragsmäßigen Wiederaufnahme der Schuldenrückzahlung ab dem 1. Januar 2001. Sie will durch zusätzliche Verhandlungen eine Umschuldung zu günstigeren Konditionen und vor allem die Zusage neuer Kredite erreichen. Der im "Pariser Club" vereinigte Kreis der Gläubiger hatte nämlich die Vergabe neuer Kredite von russischen Strukturreformen abhängig gemacht. Solches aber fällt den Russen schwer. Da wird lieber zum altbewährten sowjetischen Rezept des Machtpokers gegriffen.


 
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