© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    02/01 05. Januar 2001

 
Blick in die Medien
In Ekstase
Ronald Gläser

In der Übertreibungsphase an den Weltbörsen wurden Anleger mit Internetaktien zu Multimillionären. Wir gehören nicht dazu, dafür sind wir jetzt aber auch nicht bettelarm, da die Märkte immer neue Tiefststände testen. Eine der überteuerten Aktien war die des Filmverleihers EM.TV. Selbsternannte Experten redeten sich in Ekstase, wenn sie angesichts der Neuen Medien an den Wert der Inhalte dachten, die damit übertragen werden sollten. Die Medienaktie wurde im Siegestaumel der Börsianer in Höhen getragen, in denen ihr die Luft zu dünn wurde. 120 Euro wurden im Februar für einen Anteilsschein gezahlt. Heute sind es noch fünf. Und obwohl der Abwärtstrend absehbar war, sprachen Banken und Zeitschriften bis zum Schluß Kaufempfehlungen aus. Jetzt kommen die großen alten Mediengiganten, die schon vor dem Internet erfolgreiche Geschäfte gemacht haben, und zerlegen die Beute. Die Kirchgruppe kündigte ihren Einstieg bei dem Münchner Unternehmen an. Der jetzige Aktienkurs ist eine unmißverständliche Einladung zum Erwerb von Unternehmensanteilen. Da EM.TV an der Formel1-Holding des Briten Bernie Ecclestone beteiligt ist, bekommt Leo Kirch damit beim Sportereignis Nummer Eins einen Fuß in die Tür. Das ganze Formel1-Geschäft soll aus der EM.TV-Mutter ausgegliedert werden. Als zweiter Schritt ist ein Übergang der Rechte auf ProSieben oder Sat1 denkbar. Die Stimmung bei RTL zum Jahreswechsel gleicht der eines Reifens nach zwanzig Runden Monte Carlo: ziemlich fertig.


 
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